Revenger
- Handlung
- Animation
- Charaktere
- Musik
Es gibt einfach Künstler, deren Stil so markant ist, dass man deren Werke nur schwer von ihrem Schöpfer trennen kann. Wer würde schon ein "Jurassic Park" losgelöst von Steven Spielberg nennen? Wer ist "Mr.Herr-der-Ringe" wenn nicht J.R.R. Tolkien? Und wer steht mehr für die gesamte West End Musical-Szene als Andrew Lloyd Webber?
Als Visual Novel-Autor bei der Super-Sonico-Firma Nitroplus angefangen, avancierte sich Gen Urobuchi mit Werken wie Fate/Zero, Madoka Magica und Psycho-Pass Anfang der 2010er zu einem der beliebtesten Autoren der japanischen Popkultur. Die Marke "Urobuchi" stand dabei für einen, wie es der Autor selbst formuliert hatte, "Mix aus Hentai-Games und klassischer Literatur" - Otaku Tropes wie Kulleraugen und Rüschenröckchen, gepaart mit bedeutungsschwangeren Fragestellungen über die innere Logik des Utilitarismus, den Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit oder die Grausamkeit der Entropie.
Nach einer jahrelangen Durststrecke, in denen Urobuchi mit keinem seiner Werke die breite Masse so überzeugen konnte wie anno dazumal, ist nun Revenger da - schauen wir doch mal, ob der Rachefeldzug gelungen ist!
Im Gegensatz zu den alten Erfolgen, in denen Urobuchi meist ein bestimmtes philosophisches Konzept mithilfe eines Charakters repräsentierte und in einer klassischen Plotstruktur als Charakterdrama erörterte, würde ich Revenger eher als düsteres Historiendrama bezeichnen. Nicht, als gäbe es hier keine Philosophie, allerdings wirken die übergreifenden Themen von Rache, Fehden und politischen Intrigen eher klassischen Samuraifilmen als Bentham und Nietzsche entliehen. Dabei besteht die Handlung nach der Einführung unseres Protagonisten Kurima Raizo, der wie ein geistiger Bruder von Kiritsugu Emiya und Zwei wirkt, größtenteils aus episodischen Geschichten über die dunkle Seite des neuzeitlichen Yokohamas, in denen der Leidensweg eines der Mitglieder der namensgebenden Söldnertruppe beleuchtet wird.
Dabei tragen die Storys mit ihrem Taumel vom Regen in die Traufe und ihrer schonungslosen Dramatik rund um hart zu verdauende Themen wie toxische Beziehungen, Kindesmisshandlung, Spielsucht und Drogenmissbrauch die typische Handschrift Urobuchis. Gemeinsam mit dem Setting wirkt die Story so realitätsnäher und weniger mit Otaku-Tropes versetzt als beispielsweise ein Madoka Magica, was aber auch der kompletten Abwesenheit relevanter weiblicher Charaktere und (abgesehen von den hübschen Jungs) jeder Form von Fanservice geschuldet sein könnte.
Trotz einer hochwertig ausgefeilten Behandlung dieser eher Anime-untypischen Themen macht es sich Urobuchi in Sachen Plotstruktur ein bisschen einfach: Fast immer beginnen die Folgen mit einer Begegnung oder einem markanten Ereignis, gefolgt von einer herzzerreißenden Backstory, gipfelnd in einem spektakulären Showdown, in dem die Bösewichte von den etwas weniger bösen Wichten samt markanter Markenzeichen-Catchphrases niedergerungen werden.
In der zweiten Hälfte werden die Handlungsbögen dann allmählich größer, die Plots ausgefeilter und auch wenn der Anime so lange es nur geht seine zuvor etablierte Struktur durchkrampft, kristallisiert sich allmählich ein zusammenhängender Plot heraus, der neben Urobuchis klassischer Stärke für Dramatik noch eine weitere Geheimwaffe auspackt:
Und zwar charismatische Antagonisten! Denn egal ob schelmischer Wandermönch oder korrupter Handelskontor, mit ihren neckischen Eigenarten, eloquenter Wortgewandtheit und absolut böser Seele sind die Gegner in Revenger zwar ein bisschen weniger ausgefeilt als beispielweise ein Makishima, versprühen aber nichtsdestotrotz jede Menge Charisma.
So werden die letzten Folgen zur fesselnden Zitterpartie, wenn nicht nur das Schicksal Yokohamas, sondern auch Werte und Überzeugungen auf dem Spiel stehen, denn hier schießen sämtliche Stakes in die Höhe und belohnen nach langem Aufbau den Zuschauer mit absolut brillanter Action und mitreißender Dramatik in einem messerscharf inszenierten Finale.
Apopros Inszenierung: Trotz seiner offensichtlich eher durchschnittlichen optischen Mittel gelingt es dem Team vom Studio Aija-do unter Regisseur Masaya Fujimori, das Yokohama Mitte des 19. Jahrhunderts mit sorgfältig komponierten Shots und vor allem detailverliebten Hintergründen auf dem Bildschirm wiederzubeleben. Auch wenn die Regie in Sachen Kreativität kaum große Sprünge macht, wird die Coolness der Charaktere vor allem in dem Kämpfen mit den bereits erwähnten markanten Posen und Catchphrases voll nach vorne gespielt. Diese haben einiges für Gore-Fans und nichts für schwache Mägen zu bieten und halten die Waage zwischen "geschmacklos" und "wunderbar eklig" stets im Einklang, wie man es von Urobuchi gewohnt ist. Die Farbpalette fällt die gesamte Serie über vornehmlich düster aus, wobei ausgerechnet Orte der Sünde und des Lasters als bunt und laut inszeniert werden - eine starke Aussage Angesichts einer von destruktiven Reizen überfluteten Medienlandschaft und ihren Keimzellen vor mehreren hundert Jahren.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich an der Stelle auch das nicht nur großartig klingende, sondern auch toll visuell untermalte Opening!
Fazit
Revenger ist nicht perfekt und reicht für Verehrer alter Urobuchi-Werke wie mich auch nicht an den perfekten Mix aus Otaku-Tropes und Tiefgang von früher heran. Dennoch ist die Serie ein großartiges Historiendrama, das die gesellschaftlichen Probleme seiner Zeit schonungslos spiegelt und in einen packenden Actionthriller schnürt. Auch optisch ist Revenger ein perfektes Beispiel dafür, wie man aus wenigen Mitteln eine Menge herausholen kann. Somit ist der Anime nach vielen Jahren mal wieder zumindest ein schönes Leckerli für Urobuchi-Ultras und allen, die sich für Historical-Anime oder natürlich schwertschwingende hübsche Jungs erwärmen können.
Als Visual Novel-Autor bei der Super-Sonico-Firma Nitroplus angefangen, avancierte sich Gen Urobuchi mit Werken wie Fate/Zero, Madoka Magica und Psycho-Pass Anfang der 2010er zu einem der beliebtesten Autoren der japanischen Popkultur. Die Marke "Urobuchi" stand dabei für einen, wie es der Autor selbst formuliert hatte, "Mix aus Hentai-Games und klassischer Literatur" - Otaku Tropes wie Kulleraugen und Rüschenröckchen, gepaart mit bedeutungsschwangeren Fragestellungen über die innere Logik des Utilitarismus, den Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit oder die Grausamkeit der Entropie.
Nach einer jahrelangen Durststrecke, in denen Urobuchi mit keinem seiner Werke die breite Masse so überzeugen konnte wie anno dazumal, ist nun Revenger da - schauen wir doch mal, ob der Rachefeldzug gelungen ist!
Im Gegensatz zu den alten Erfolgen, in denen Urobuchi meist ein bestimmtes philosophisches Konzept mithilfe eines Charakters repräsentierte und in einer klassischen Plotstruktur als Charakterdrama erörterte, würde ich Revenger eher als düsteres Historiendrama bezeichnen. Nicht, als gäbe es hier keine Philosophie, allerdings wirken die übergreifenden Themen von Rache, Fehden und politischen Intrigen eher klassischen Samuraifilmen als Bentham und Nietzsche entliehen. Dabei besteht die Handlung nach der Einführung unseres Protagonisten Kurima Raizo, der wie ein geistiger Bruder von Kiritsugu Emiya und Zwei wirkt, größtenteils aus episodischen Geschichten über die dunkle Seite des neuzeitlichen Yokohamas, in denen der Leidensweg eines der Mitglieder der namensgebenden Söldnertruppe beleuchtet wird.
Dabei tragen die Storys mit ihrem Taumel vom Regen in die Traufe und ihrer schonungslosen Dramatik rund um hart zu verdauende Themen wie toxische Beziehungen, Kindesmisshandlung, Spielsucht und Drogenmissbrauch die typische Handschrift Urobuchis. Gemeinsam mit dem Setting wirkt die Story so realitätsnäher und weniger mit Otaku-Tropes versetzt als beispielsweise ein Madoka Magica, was aber auch der kompletten Abwesenheit relevanter weiblicher Charaktere und (abgesehen von den hübschen Jungs) jeder Form von Fanservice geschuldet sein könnte.
Trotz einer hochwertig ausgefeilten Behandlung dieser eher Anime-untypischen Themen macht es sich Urobuchi in Sachen Plotstruktur ein bisschen einfach: Fast immer beginnen die Folgen mit einer Begegnung oder einem markanten Ereignis, gefolgt von einer herzzerreißenden Backstory, gipfelnd in einem spektakulären Showdown, in dem die Bösewichte von den etwas weniger bösen Wichten samt markanter Markenzeichen-Catchphrases niedergerungen werden.
In der zweiten Hälfte werden die Handlungsbögen dann allmählich größer, die Plots ausgefeilter und auch wenn der Anime so lange es nur geht seine zuvor etablierte Struktur durchkrampft, kristallisiert sich allmählich ein zusammenhängender Plot heraus, der neben Urobuchis klassischer Stärke für Dramatik noch eine weitere Geheimwaffe auspackt:
Und zwar charismatische Antagonisten! Denn egal ob schelmischer Wandermönch oder korrupter Handelskontor, mit ihren neckischen Eigenarten, eloquenter Wortgewandtheit und absolut böser Seele sind die Gegner in Revenger zwar ein bisschen weniger ausgefeilt als beispielweise ein Makishima, versprühen aber nichtsdestotrotz jede Menge Charisma.
So werden die letzten Folgen zur fesselnden Zitterpartie, wenn nicht nur das Schicksal Yokohamas, sondern auch Werte und Überzeugungen auf dem Spiel stehen, denn hier schießen sämtliche Stakes in die Höhe und belohnen nach langem Aufbau den Zuschauer mit absolut brillanter Action und mitreißender Dramatik in einem messerscharf inszenierten Finale.
Apopros Inszenierung: Trotz seiner offensichtlich eher durchschnittlichen optischen Mittel gelingt es dem Team vom Studio Aija-do unter Regisseur Masaya Fujimori, das Yokohama Mitte des 19. Jahrhunderts mit sorgfältig komponierten Shots und vor allem detailverliebten Hintergründen auf dem Bildschirm wiederzubeleben. Auch wenn die Regie in Sachen Kreativität kaum große Sprünge macht, wird die Coolness der Charaktere vor allem in dem Kämpfen mit den bereits erwähnten markanten Posen und Catchphrases voll nach vorne gespielt. Diese haben einiges für Gore-Fans und nichts für schwache Mägen zu bieten und halten die Waage zwischen "geschmacklos" und "wunderbar eklig" stets im Einklang, wie man es von Urobuchi gewohnt ist. Die Farbpalette fällt die gesamte Serie über vornehmlich düster aus, wobei ausgerechnet Orte der Sünde und des Lasters als bunt und laut inszeniert werden - eine starke Aussage Angesichts einer von destruktiven Reizen überfluteten Medienlandschaft und ihren Keimzellen vor mehreren hundert Jahren.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich an der Stelle auch das nicht nur großartig klingende, sondern auch toll visuell untermalte Opening!
Fazit
Revenger ist nicht perfekt und reicht für Verehrer alter Urobuchi-Werke wie mich auch nicht an den perfekten Mix aus Otaku-Tropes und Tiefgang von früher heran. Dennoch ist die Serie ein großartiges Historiendrama, das die gesellschaftlichen Probleme seiner Zeit schonungslos spiegelt und in einen packenden Actionthriller schnürt. Auch optisch ist Revenger ein perfektes Beispiel dafür, wie man aus wenigen Mitteln eine Menge herausholen kann. Somit ist der Anime nach vielen Jahren mal wieder zumindest ein schönes Leckerli für Urobuchi-Ultras und allen, die sich für Historical-Anime oder natürlich schwertschwingende hübsche Jungs erwärmen können.