AsaneRedakteur
#1Also, wie jetzt nochmal? Youta, der Protagonist und Profi-Loser dieser Show, liebt Moemi, hat von dieser aber einen Korb bekommen. Moemi liebt nämlich Takashi, der vor allem sein cooles Selbstbild pflegt bis hin zur Arroganz, aber der sich auch leider nichts aus Frauen macht. Sagt er. (Nein, nicht aus diesem Grund – oder zumindest gibt es keine Anzeichen dafür.) Da erscheint Ai auf der Bildfläche, und ersatzweise liebt Youta jetzt sein Video Girl Ai, welche aber alles daran setzt, ihn mit Moemi zusammenzubringen, die ihn benutzt, um bei Takashi landen zu können, welcher halbwegs blickt, wie die Sache läuft und Youta bittet, er soll sich um Moemi bemühen, Youta aber ist wechselweise in Moemi, dann wieder in Ai verknallt, die so langsam Gefühle für ihn entwickelt, verbotenerweise, aber weil er (Youta) sich weiterhin so unwürdig fühlt, negiert er seine Gefühle für Ai und für Moemi und versucht weiterhin, Moemi mit Takashi zusammenzubringen, welcher jedoch seinerseits …
Blickt's noch jemand? – Eben!
Fazit: Das ist Anime!
»Video Girl Ai« läuft zwar unter Liebesdrama, gibt sich aber in der ersten Hälfte eher als Romantische Komödie. Das eben war die Romantik. Wie es um die Komödie bestellt ist, kann man sich also denken. Sehr ernsthafte Momente wechseln ständig mit sehr lustigen Szenen. Aber leider auf eine Weise, die beiden Seiten dieser RomCom nicht gut tut. Diese Wechsel erfolgen nicht nur sehr abrupt, die Comedy-Einlagen sind auch noch von einer Qualität, die von "unterirdisch" nicht weit entfernt ist. Alles ist unglaublich konstruiert, unglaublich aufgesetzt und mit viel Ecchi der dümmsten Art versehen. Man kommt sich vor wie im Nachmittagsprogramm von »Comedy Central«. Oder irgendwas ähnlichem, wo die komischen Szenen hauptsächlich komisch gemeint sind. Was man anstelle eines soliden Dramas oder auch nur einer anständigen RomCom bekommt, ist also klar: affektiertes Rumgeschreie, abgedroschenste Platitüden und haufenweise altbackene Comedy-Versatzstücke, die samt und sonders jeden Realitätsbezug leugnen und den eisernen Willen des Zuschauers, dem ganzen vielleicht doch noch mit Wohlwollen zu begegnen, gnadenlos untergraben. Effekt schlägt Empathie. Buchstäblich.
Es gibt praktisch nichts in dieser Serie, womit man nicht seitenweise Einträge auf tvtropes.org füllen könnte. Nicht einmal dieses "Junge fällt hin und landet mit der Nase zwischen ihren Brüsten" konnte man sich verkneifen. Zu den Highlights zählen desweiteren so hochoriginelle Topoi wie "Oh nein, ich halte ja ihre Hand!" und "Oh nein, das ist ja ein indirekter Kuss!". Plus das übliche verkrampfte Rumgedruckse.
Dabei gibt sich das Setting recht vielversprechend. Die Ausgangslage lässt den feuchten Traum eines jeden Otaku aufleben, da aus dem Video*, das Youta in einer sehr speziellen Videothek ausgeliehen hat, plötzlich ein Mädchen zu ihm redet, sanft und mitfühlend, und das ihm, dem das Mädchen als die letzte Rettung erscheinen muss, Mut zuspricht. Wie ein vom Himmel entsandter Engel, welcher Verständnis hat und ihn, den Otaku-Loser, tröstend bei der Hand nimmt, ohne daß er sein eskapistisches Dasein verlassen müsste. Als willkommener Ersatz von Freundin und Therapeut gleichermaßen.
Stilistisch befindet sich der Anime im Grunde noch voll in den 80er Jahren. Speziell was das Charakterdesign angeht, das etwas an »I''s Pure« erinnert, und bei dem ebenfalls die gewöhnungsbedürftige Gesichtsgeometrie irritiert. Wie unschwer zu erraten, stammt in beiden Fällen die Vorlage vom selben Mangaka.
Künstlerisch badet man geradezu in metaphorischen Formulierungen; haufenweise wird die für solche Serien übliche Symbolik ins Bild gedroschen – die Einsamkeit der fallenden Herbstblätter, die aufgescheuchten Taubenschwärme oder gern auch »sad girl in snow«; – aber dann erfreuen auch einzelne originelle Momente das Herz wie so manche überblendete Szenenübergänge. Viele Bewegungsabläufe sind großartig und wirklich gut gelungen – so die graziösen tänzerischen Einlagen von Ai im Opening. Am Ende einer Episode (mit Ausnahme der letzten natürlich) schließt sich nach der obligatorischen Vorschau ein kleines Extra an mit netten Goodies wie Dialogvarianten im Dialekt, einigen Statements aus dem Produktionsteam oder sonstigen schrägen Einlagen.
Im letzten Drittel der OVA ändert sich der Ton ganz allmählich und es nähert sich das Drama, das man schon lange zuvor hatte kommen sehen. Denn mit allerlei vorausgegangenen Bemerkungen über die verbotene Liebe hat man schon einige Male heftig mit dem dicken, dramaturgischen Zeigefinger gewedelt. Und weil man es vom Skript her nicht hinbekommt, versteigt man sich zu der Variante "gepushtes Drama", indem man sehenden Auges gegen kurz zuvor und sehr explizit abgegebene Erklärungen verstößt, damit Logikbrüche einbaut und Ai völlig out of character agieren lässt. Das ist Dramaturgie auf Grundschulniveau.
Die erzählerische Linie wird durch diese Schwerpunktverlagerung überraschenderweise etwas konsistenter und die Show insgesamt ein klein wenig besser. Man arbeitet vermehrt mit metaphorischem Erzählen und gelegentlichem Einstreuen von bildhaften Chiffren - wobei zugleich mit den bis dahin dominierenden Peinlichkeiten nicht mehr ganz so krass Schindluder getrieben wird.
Immerhin: das Finale, das in eine irreale Welt verlegt wird, gehört zu den einsamen Höhepunkten, wo alles stimmt (abgesehen von dem permanenten Rumgeschreie) und wo schließlich ein fulminantes Erlösungsszenario installiert wird, irgendwo zwischen Wagner-Oper und den Grimmschen Märchen. Als Bonus sieht man Ai auch ein paarmal nackich, was schon ein Selbstwert an sich ist. Auf unschuldige und völlig natürliche Weise nackich, frei von jeglichem Voyeurismus (und Ecchi sowieso). Ganz so, wie man das auch von Rumiko Takahashi kennt.
Solch ein Ende hat eine Serie, die dermaßen vollgestopft ist mit Charakteren, die ultimativ idiotisch agieren, eigentlich gar nicht verdient.
Hat da wer gerade was mit "Musik" gesagt? – Also gut:
Praktisch die ganze Serie über dominiert eine BGM, die sich belangslos gibt und meist unauffällig im Hintergrund umherhüpft und dabei alles Erdenkliche unternimmt, um einen bleibenden Eindruck zu vermeiden. Was angesichts der Übermacht an lustigen Soundeffekten auch nicht sonderlich schwerfällt. Zweckdienlich nennt man das dann wohl. Wirklich längere, in sich geschlossenere Stücke sind dünn gesät, aber die wenigen melancholischen Einlagen gehen ins Ohr (Oboe mit Streichern), auch wenn sie ziemlich nach Schema F komponiert sind. Opening und Ending sind eingängig und hörenswert und natürlich mehr im Stil der Zeit, also 80er Jahre – und wem das lyrisch-melodische Ending nicht zu Herzen geht, der hat einfach keins.
Blickt's noch jemand? – Eben!
Fazit: Das ist Anime!
»Video Girl Ai« läuft zwar unter Liebesdrama, gibt sich aber in der ersten Hälfte eher als Romantische Komödie. Das eben war die Romantik. Wie es um die Komödie bestellt ist, kann man sich also denken. Sehr ernsthafte Momente wechseln ständig mit sehr lustigen Szenen. Aber leider auf eine Weise, die beiden Seiten dieser RomCom nicht gut tut. Diese Wechsel erfolgen nicht nur sehr abrupt, die Comedy-Einlagen sind auch noch von einer Qualität, die von "unterirdisch" nicht weit entfernt ist. Alles ist unglaublich konstruiert, unglaublich aufgesetzt und mit viel Ecchi der dümmsten Art versehen. Man kommt sich vor wie im Nachmittagsprogramm von »Comedy Central«. Oder irgendwas ähnlichem, wo die komischen Szenen hauptsächlich komisch gemeint sind. Was man anstelle eines soliden Dramas oder auch nur einer anständigen RomCom bekommt, ist also klar: affektiertes Rumgeschreie, abgedroschenste Platitüden und haufenweise altbackene Comedy-Versatzstücke, die samt und sonders jeden Realitätsbezug leugnen und den eisernen Willen des Zuschauers, dem ganzen vielleicht doch noch mit Wohlwollen zu begegnen, gnadenlos untergraben. Effekt schlägt Empathie. Buchstäblich.
Es gibt praktisch nichts in dieser Serie, womit man nicht seitenweise Einträge auf tvtropes.org füllen könnte. Nicht einmal dieses "Junge fällt hin und landet mit der Nase zwischen ihren Brüsten" konnte man sich verkneifen. Zu den Highlights zählen desweiteren so hochoriginelle Topoi wie "Oh nein, ich halte ja ihre Hand!" und "Oh nein, das ist ja ein indirekter Kuss!". Plus das übliche verkrampfte Rumgedruckse.
Dabei gibt sich das Setting recht vielversprechend. Die Ausgangslage lässt den feuchten Traum eines jeden Otaku aufleben, da aus dem Video*, das Youta in einer sehr speziellen Videothek ausgeliehen hat, plötzlich ein Mädchen zu ihm redet, sanft und mitfühlend, und das ihm, dem das Mädchen als die letzte Rettung erscheinen muss, Mut zuspricht. Wie ein vom Himmel entsandter Engel, welcher Verständnis hat und ihn, den Otaku-Loser, tröstend bei der Hand nimmt, ohne daß er sein eskapistisches Dasein verlassen müsste. Als willkommener Ersatz von Freundin und Therapeut gleichermaßen.
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Möglicherweise werfe ich grade mit Begriffen um mich, die sich dem Verständnis der jüngeren Generation entziehen. Wer also nicht weiß, wie solch ein Bildschirmgeflimmere zu deuten ist, könnte mit der Serie unter Umständen seine Schwierigkeiten haben. Weiters sollte man sich damit vertraut machen, was es mit VHS [WP] und Wählscheibentelephon [WP] auf sich hat.
Stilistisch befindet sich der Anime im Grunde noch voll in den 80er Jahren. Speziell was das Charakterdesign angeht, das etwas an »I''s Pure« erinnert, und bei dem ebenfalls die gewöhnungsbedürftige Gesichtsgeometrie irritiert. Wie unschwer zu erraten, stammt in beiden Fällen die Vorlage vom selben Mangaka.
Künstlerisch badet man geradezu in metaphorischen Formulierungen; haufenweise wird die für solche Serien übliche Symbolik ins Bild gedroschen – die Einsamkeit der fallenden Herbstblätter, die aufgescheuchten Taubenschwärme oder gern auch »sad girl in snow«; – aber dann erfreuen auch einzelne originelle Momente das Herz wie so manche überblendete Szenenübergänge. Viele Bewegungsabläufe sind großartig und wirklich gut gelungen – so die graziösen tänzerischen Einlagen von Ai im Opening. Am Ende einer Episode (mit Ausnahme der letzten natürlich) schließt sich nach der obligatorischen Vorschau ein kleines Extra an mit netten Goodies wie Dialogvarianten im Dialekt, einigen Statements aus dem Produktionsteam oder sonstigen schrägen Einlagen.
Im letzten Drittel der OVA ändert sich der Ton ganz allmählich und es nähert sich das Drama, das man schon lange zuvor hatte kommen sehen. Denn mit allerlei vorausgegangenen Bemerkungen über die verbotene Liebe hat man schon einige Male heftig mit dem dicken, dramaturgischen Zeigefinger gewedelt. Und weil man es vom Skript her nicht hinbekommt, versteigt man sich zu der Variante "gepushtes Drama", indem man sehenden Auges gegen kurz zuvor und sehr explizit abgegebene Erklärungen verstößt, damit Logikbrüche einbaut und Ai völlig out of character agieren lässt. Das ist Dramaturgie auf Grundschulniveau.
Die erzählerische Linie wird durch diese Schwerpunktverlagerung überraschenderweise etwas konsistenter und die Show insgesamt ein klein wenig besser. Man arbeitet vermehrt mit metaphorischem Erzählen und gelegentlichem Einstreuen von bildhaften Chiffren - wobei zugleich mit den bis dahin dominierenden Peinlichkeiten nicht mehr ganz so krass Schindluder getrieben wird.
Immerhin: das Finale, das in eine irreale Welt verlegt wird, gehört zu den einsamen Höhepunkten, wo alles stimmt (abgesehen von dem permanenten Rumgeschreie) und wo schließlich ein fulminantes Erlösungsszenario installiert wird, irgendwo zwischen Wagner-Oper und den Grimmschen Märchen. Als Bonus sieht man Ai auch ein paarmal nackich, was schon ein Selbstwert an sich ist. Auf unschuldige und völlig natürliche Weise nackich, frei von jeglichem Voyeurismus (und Ecchi sowieso). Ganz so, wie man das auch von Rumiko Takahashi kennt.
Solch ein Ende hat eine Serie, die dermaßen vollgestopft ist mit Charakteren, die ultimativ idiotisch agieren, eigentlich gar nicht verdient.
Hat da wer gerade was mit "Musik" gesagt? – Also gut:
Praktisch die ganze Serie über dominiert eine BGM, die sich belangslos gibt und meist unauffällig im Hintergrund umherhüpft und dabei alles Erdenkliche unternimmt, um einen bleibenden Eindruck zu vermeiden. Was angesichts der Übermacht an lustigen Soundeffekten auch nicht sonderlich schwerfällt. Zweckdienlich nennt man das dann wohl. Wirklich längere, in sich geschlossenere Stücke sind dünn gesät, aber die wenigen melancholischen Einlagen gehen ins Ohr (Oboe mit Streichern), auch wenn sie ziemlich nach Schema F komponiert sind. Opening und Ending sind eingängig und hörenswert und natürlich mehr im Stil der Zeit, also 80er Jahre – und wem das lyrisch-melodische Ending nicht zu Herzen geht, der hat einfach keins.
Beitrag wurde zuletzt am 01.05.2024 05:39 geändert.
Kommentare
Da ich die Manga Serie besitze wusste ich natürlich was mich erwartet... zumindest hatte ich das erhofft.
Allerdings haben mich wohl die veränderten Szenen so sehr gestört das ich nach der zweiten Serie doch lieber direkt nach der ersten Serie abgebrochen habe.
Ich kann da nur die Mangas empfehlen ;)
Man kann ihn sich mal anschauen.