AcurosV.I.P.
#1»Dr. Stone: New World« macht da weiter, wo sein Vorgänger aufgehört hat. Ein furchtbar einfallsloser Satz, doch er muss sein, schließlich beginnt Episode 1 ja auch genau da, wo das TV-Spezial ausklang. Dessen Abschluss ist zwar nicht allzu vorteilhaft, aber dafür kann jetzt direkt Fahrt aufgenommen werden – wenn auch nur im übertragenen Sinne, denn vom Schiff ist man ja noch weit entfernt. Dieser Staffelteil weicht vom bewährten Konzept nicht wirklich ab, verlagert den Handlungsplatz im Laufe der 11 Folgen jedoch von einer Insel auf eine andere. Den Zuschauer erwarten also zwei Handlungsabschnitte. Der erste Teil bietet wieder reichlich Humor, der mich teilweise so vorzüglich unterhalten hat wie wenig sonst. Das Werk führt seine Klischees mitunter so herrlich ab absurdum, dass man den Eindruck bekommt, es bade regelrecht in der Absurdität – teilweise schon schamlos, aber (fast) immer zielsicher.
Für die Schifffahrt ist vor allem reichlich haltbares Essen nötig, ergo muss erst mal zünftig Getreide angebaut werden. Die erste Episode hat definitiv ihre Momente, aber merkwürdiger Pseudokitsch Taijus selbstlosen Einsatz betreffend sowie ein marginaler Ausflug ins Tränendrüsenland, weil seine Eltern nicht mehr sind, dämpfen den Eindruck ein bisschen – für Drama eigenen sich die meisten der Figuren einfach nicht. Die Szene ist zwar ironisch gemeint, aber letztendlich mehr eine Fehlzündung. Auch der Minecraft-Stil, in dem ein paar der Szenen gehalten sind, wirkt irgendwie fehl am Platz und bietet wahrscheinlich nur Fans des Spiels einen Mehrwert. Aber das sind Kleinigkeiten und vor allem Ausnahmen.
Getreidewachstum dauert ein bisschen, doch nach einem prompten aber praktischen Zeitsprung gibt’s bereits am Ende der ersten Episode das erste Brot – und zwar völlig verkohltes. Das resultiert in einer der köstlichsten Szenen überhaupt, wenn die Ureinwohner das Ergebnis fast schon mit Wonne verzerren, Senkuu und die restlichen Menschen der Moderne aber postwendend aus den Latschen kippen. Ein Prachtstück der Inszenierung. Solch ein Backdesaster kann nur auf eine Art gelöst werden: indem Ryuusuis Butler Francois von der Versteinerung befreit wird. Dessen Geschlecht ist zunächst betont unbestimmt, aber meine Skepsis darüber, was das nun werden soll, verflog bald: Francois erfüllt die Trope des unfehlbaren Super-Butlers quasi punktgenau, irgendwelche Geschlechtsrätseleien sind schnell vergessen – so schnell, dass man sich fragt: Wozu überhaupt? Letztendlich geht die Figur dann fast unter, weil man hier nicht so sehr zur Überzeichnung greift wie bei anderen.
Nach den ersten zwei schon nicht übermäßig gemächlichen Episoden hat man offenbar gemerkt: »Ui, da ist aber noch viel Inhalt für neun Folgen übrig«, und sich daher entschlossen, sich zu sputen. In nur drei Folgen erleben wir erst Schwierigkeiten bei der Ölsuche, dann prompt den Fund, nur weniger später die Fertigstellung einer Ölgewinnungsmaschinerie (wen interessiert schon der Bau?) – und damit endet der Beschuss mit Ergebnissen noch nicht einmal. Glücklicherweise glänzt Dr. Stone auch hier mit seinem Humor, und zwar ohne Unterlass. Der Abschnitt mag hinsichtlich Machbarkeit reichlich unrealistisch, gar grotesk wirken, macht dafür aber einen Heidenspaß, vielleicht mehr als je zuvor.
Irgendwann kann der Kahn dann endlich ablegen, die große Reise also beginnen – und damit ist es an der Zeit, sich endlich den zwei Hauptzielen zu widmen: Die Ursache für den großen Lichtblitz zu finden sowie die Herstellung weiterer Salpetersäure, um noch mehr Menschen aus ihrem steinernen Gefängnis zu befreien. Für die Herstellung der Säure benötigt Senkuu Platin, und das hofft er auf der Insel zu finden, auf der das Raumschiffs seines Vaters abstürzte. Auf die Ankunft muss man nicht lange warten, doch werden bei der überraschend ernste Töne angeschlagen, denn die Insel ist keineswegs verlassen. Stattdessen sieht sich Senkuus Gruppe einem regelrechten Regime gegenüber, in den Frauen mitunter aus den Händen ihrer Ehemänner gerissen werden, einfach weil sie dem obersten Herrscher, dem »Master«, zustehen … wohl eher aber, weil seine obersten Handlanger bei der Auswahl überwiegend nach »Rutenausschlag« vorgehen.
Wer nun glaubt, Dr. Stone würde jetzt dauerhaft in ernste Gefilde verfallen, irrt sich. Auch wenn Figuren wie Ibara (der Minister) finstere Züge zeigen, auch wenn von Senkuus Seite aus gewissen Gründen nur eine Handvoll Figuren handlungsfähig ist, verfällt man hier nicht ins Drama. Der zweite Teil mag nicht so absurd wirken wie der erste, auch weil tatsächlich was auf dem Spiel steht, trotzdem kommt der Humor hier nicht zu kurz. Die Einheimische Amaryllis ist nahezu so überzeichnet wie Senkuu und seine Besucher, fügt sich daher prima ein; ihr Rache-Bestreben ist zumindest leidlich interessant. Der Reste der »Feinde« kommt über Oberflächlichkeit bislang nicht hinaus, insgesamt erlebt man hier einen kleinen Haufen Ärsche mit teils psychotischen Zügen, begleitet von einem größeren Haufen Idioten (genannt »Wachen«), die gemeinschaftlich den Rest der Insel unterjochen. Da diese 11 Episoden nur der erste Teil sind, wird der Konflikt natürlich nicht ansatzweise beendet, doch zumindest gibt es eine Art Zwischenabschluss und keinen fiesen Cliffhanger.
Zum Technischen sei nur gesagt: Das Niveau wird im Großen und Ganzen gehalten, seien es Zeichenstil, Animation oder Vertonung; Schludereien habe ich nicht bemerkt. Erwähnenswert ist logischerweise die abwechslungsreiche Inszenierung (allein die Massen an Grimassen), die einfach zu köstlichen Momenten führt. Die Menge der patenten Synchronsprecher tut da ihr Übriges.
Fazit:
Eine erneut unterhaltsame Staffel, die sozusagen neue Wege einschlägt, aber bekanntes Terrain nicht wirklich verlässt. Nach all den Einfällen und Ideen hatte ich ja Sorge, dass irgendwann die Luft raus sein muss, aber bislang gibt es keinen Grund dafür: Auch »Dr. Stone: New World« unterhält über die gesamte Dauer.
Updates:
03.08.2023 – Grammatikfehler in Absatz 1 gefixt
Für die Schifffahrt ist vor allem reichlich haltbares Essen nötig, ergo muss erst mal zünftig Getreide angebaut werden. Die erste Episode hat definitiv ihre Momente, aber merkwürdiger Pseudokitsch Taijus selbstlosen Einsatz betreffend sowie ein marginaler Ausflug ins Tränendrüsenland, weil seine Eltern nicht mehr sind, dämpfen den Eindruck ein bisschen – für Drama eigenen sich die meisten der Figuren einfach nicht. Die Szene ist zwar ironisch gemeint, aber letztendlich mehr eine Fehlzündung. Auch der Minecraft-Stil, in dem ein paar der Szenen gehalten sind, wirkt irgendwie fehl am Platz und bietet wahrscheinlich nur Fans des Spiels einen Mehrwert. Aber das sind Kleinigkeiten und vor allem Ausnahmen.
Getreidewachstum dauert ein bisschen, doch nach einem prompten aber praktischen Zeitsprung gibt’s bereits am Ende der ersten Episode das erste Brot – und zwar völlig verkohltes. Das resultiert in einer der köstlichsten Szenen überhaupt, wenn die Ureinwohner das Ergebnis fast schon mit Wonne verzerren, Senkuu und die restlichen Menschen der Moderne aber postwendend aus den Latschen kippen. Ein Prachtstück der Inszenierung. Solch ein Backdesaster kann nur auf eine Art gelöst werden: indem Ryuusuis Butler Francois von der Versteinerung befreit wird. Dessen Geschlecht ist zunächst betont unbestimmt, aber meine Skepsis darüber, was das nun werden soll, verflog bald: Francois erfüllt die Trope des unfehlbaren Super-Butlers quasi punktgenau, irgendwelche Geschlechtsrätseleien sind schnell vergessen – so schnell, dass man sich fragt: Wozu überhaupt? Letztendlich geht die Figur dann fast unter, weil man hier nicht so sehr zur Überzeichnung greift wie bei anderen.
Nach den ersten zwei schon nicht übermäßig gemächlichen Episoden hat man offenbar gemerkt: »Ui, da ist aber noch viel Inhalt für neun Folgen übrig«, und sich daher entschlossen, sich zu sputen. In nur drei Folgen erleben wir erst Schwierigkeiten bei der Ölsuche, dann prompt den Fund, nur weniger später die Fertigstellung einer Ölgewinnungsmaschinerie (wen interessiert schon der Bau?) – und damit endet der Beschuss mit Ergebnissen noch nicht einmal. Glücklicherweise glänzt Dr. Stone auch hier mit seinem Humor, und zwar ohne Unterlass. Der Abschnitt mag hinsichtlich Machbarkeit reichlich unrealistisch, gar grotesk wirken, macht dafür aber einen Heidenspaß, vielleicht mehr als je zuvor.
Irgendwann kann der Kahn dann endlich ablegen, die große Reise also beginnen – und damit ist es an der Zeit, sich endlich den zwei Hauptzielen zu widmen: Die Ursache für den großen Lichtblitz zu finden sowie die Herstellung weiterer Salpetersäure, um noch mehr Menschen aus ihrem steinernen Gefängnis zu befreien. Für die Herstellung der Säure benötigt Senkuu Platin, und das hofft er auf der Insel zu finden, auf der das Raumschiffs seines Vaters abstürzte. Auf die Ankunft muss man nicht lange warten, doch werden bei der überraschend ernste Töne angeschlagen, denn die Insel ist keineswegs verlassen. Stattdessen sieht sich Senkuus Gruppe einem regelrechten Regime gegenüber, in den Frauen mitunter aus den Händen ihrer Ehemänner gerissen werden, einfach weil sie dem obersten Herrscher, dem »Master«, zustehen … wohl eher aber, weil seine obersten Handlanger bei der Auswahl überwiegend nach »Rutenausschlag« vorgehen.
Wer nun glaubt, Dr. Stone würde jetzt dauerhaft in ernste Gefilde verfallen, irrt sich. Auch wenn Figuren wie Ibara (der Minister) finstere Züge zeigen, auch wenn von Senkuus Seite aus gewissen Gründen nur eine Handvoll Figuren handlungsfähig ist, verfällt man hier nicht ins Drama. Der zweite Teil mag nicht so absurd wirken wie der erste, auch weil tatsächlich was auf dem Spiel steht, trotzdem kommt der Humor hier nicht zu kurz. Die Einheimische Amaryllis ist nahezu so überzeichnet wie Senkuu und seine Besucher, fügt sich daher prima ein; ihr Rache-Bestreben ist zumindest leidlich interessant. Der Reste der »Feinde« kommt über Oberflächlichkeit bislang nicht hinaus, insgesamt erlebt man hier einen kleinen Haufen Ärsche mit teils psychotischen Zügen, begleitet von einem größeren Haufen Idioten (genannt »Wachen«), die gemeinschaftlich den Rest der Insel unterjochen. Da diese 11 Episoden nur der erste Teil sind, wird der Konflikt natürlich nicht ansatzweise beendet, doch zumindest gibt es eine Art Zwischenabschluss und keinen fiesen Cliffhanger.
Zum Technischen sei nur gesagt: Das Niveau wird im Großen und Ganzen gehalten, seien es Zeichenstil, Animation oder Vertonung; Schludereien habe ich nicht bemerkt. Erwähnenswert ist logischerweise die abwechslungsreiche Inszenierung (allein die Massen an Grimassen), die einfach zu köstlichen Momenten führt. Die Menge der patenten Synchronsprecher tut da ihr Übriges.
Fazit:
Eine erneut unterhaltsame Staffel, die sozusagen neue Wege einschlägt, aber bekanntes Terrain nicht wirklich verlässt. Nach all den Einfällen und Ideen hatte ich ja Sorge, dass irgendwann die Luft raus sein muss, aber bislang gibt es keinen Grund dafür: Auch »Dr. Stone: New World« unterhält über die gesamte Dauer.
Updates:
03.08.2023 – Grammatikfehler in Absatz 1 gefixt
Beitrag wurde zuletzt am 03.08.2023 17:32 geändert.
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