AsaneRedakteur
#1Unfassbar und schlichtweg atemberaubend, wie nach drei Staffeln inklusive einer OVA »Karakai Jouzu no Takagi-san« es schafft, ein derart überwältigendes Finale hinzulegen. Lange, lange nach dem Ende blieb mir immer noch der Mund offenstehen über das, was sich da eben abgespielt hatte. Unvergleichlich schön.
Wenn man bei einem Film wie diesem feuchte Augen bekommt, kann er wohl nicht allzu viel falsch gemacht haben. Schöner kann man eine Liebesgeschichte, die mehr sein will als eine bloße Schulromanze, einfach nicht verpacken.
Keine Ahnung, wie man sich diesem Meisterwerk halbwegs angemessen nähern soll, vielleicht am besten doch über die Musik. Man merkt ihr auf Schritt und Tritt an, daß man die Welt der Serie ein wenig hinter sich lassen will und auf Größeres zielt, denn hier kommt die ganze spätromantische Klangpalette zum Einsatz, aber ohne jeden Ausflug ins Dramatische. Man hat viel Piano, alles ist wesentlich orchestraler als in der Serie, passend zu dem pastoralen Flair hört man viele Holzbläser und Hörner. Gern auch im weichen, schwebenden Dreiertakt. Selbst die "karakai"-Szenen entfernen sich allmählich von ihrer aufdringlichen Munterkeit und bekommen ein bedächtiges Pizzicato [WP] verpasst. Inline-Songs sind hier fast schon ein Muss, und sie sind sogar anhörbar, ohne daß es da kitschtriefend aus den Lautsprechern quillt.
Für die Schüler aus dem Städtchen Tomioka mit seiner berühmten "Angel Road" [Google Maps] und dem Hachiman-Schrein [Google Maps] ist es der letzte gemeinsame Sommer ihrer Mittelschulzeit, daher sind auch diese Szenen voller melancholischer Rückblicke und unsicheren Erwartungen an die Zukunft. Schulwechsel drohen, Gruppen werden auseinandergerissen, Freundschaften zerbrechen oder versanden. Letzte gemeinschaftliche Unternehmungen stehen also auf dem Plan, für Nishikata und Takagi genauso wie für das nette Dreiergrüppchen und das Trio der Doofen. (Interessant übrigens, dass heute noch jemand im Querformat fotografiert.) Und Mano-chan natürlich.
Anfangs bleibt natürlich erstmal noch alles beim Alten. Nishikata kann wie immer nicht zugeben, etwas verpennt, vermasselt, falsch verstanden, whatever zu haben. Was ihm Gelegenheit gibt, panisch bis mastermindmäßig, je nach Lage der Dinge, in seinen inneren Monologen rumzuschreien, als ob das was nützen würde. Das ist diese Sorte Lustigkeit, die schwer und lastend auf der Glaubwürdigkeit ruht und in ihrer Penetranz bisweilen nervt.
(Eigentlich sollte es Takagi es sein lassen, durch ihre brillante und vorausschauende Klarsicht jemanden zu ärgern, der selber nicht weiter als bis zur eigenen Nasenspitze denken kann. Das ist idiot shaming der übelsten Art und ganz sicher von irgendeiner dieser aktuell viral gehenden Neo-Pc verpohten. – Im übrigen: könnt ihr auch freihändig solche geraden Linien zeichnen wie Takagi hier?)
Beeindruckend auch, wie er sein scheuklappenartiges Denken auf andere projiziert. Und würde Nishikata seine inneren Kämpfe nach außen tragen, wär's ein astreiner Fighting-Shounen. Diese schier ans Größenwahnsinnige grenzende Haltung spiegelt sich auch recht schön und charakteristisch in seiner kalligraphischen Arbeit über das Ziel, das er bis zum Ende seiner Mittelschulzeit erreichen will:
So geht das bis etwa zur Mitte des Films, nur nicht in dieser enormen Dichte und Häufigkeit der bisherigen Staffeln. Man erreicht eine Dosierung, die dem Film merklich gut tut – und Nishikata selber sicherlich auch. Denn Dreh- und Angelpunkt für seine Entwicklung ist die nächtliche Szene auf dem Fest des Insekten-Vertreibens (Mushi-Okuri), auf das er Tagaki am Vorabend eingeladen hat.
Hier wird derart Atmosphäre verbreitet, daß man als Zuschauer Mühe hat, das alles zu verarbeiten. Eine Unmenge stiller Augenblicke mit atemberaubenden Naturbildern beherrscht die Szenerie, als wären wir im tiefsten Iyashikei. Szenen, die ausführlich und aus allen denkbaren Winkeln beleuchtet werden und die so einen Eindruck davon geben, was dieses Erlebnis, diese Stimmung in den beiden bewirkt – was sich dann wie mit Widerhaken auch im Gemüt des Zuschauer festsetzt.
Was aber am allermeisten beeindruckt, den Zuschauer wie Takagi-san gleichermaßen, ist das Intermezzo mit dem kleinen Mädchen, wo Nishikata zeigt, wie ungezwungen er mit kleinen Kindern umgehen kann und wie fantasievoll er die Angst vor dem nächtlichen Unbekannten zu nehmen vermag. (Das muss der Punkt gewesen sein, wo Takagi endgültig beschlossen hat, daß er und sonst niemand der Vater ihrer Kinder sein soll.)
Das wirft jedenfalls auch seine Schatten voraus auf die Katzenszene am Schrein. Es gelingt Nishikata derart mühelos und augenblicklich, das Vertrauen des kleinen, süßen Fellknäuels zu gewinnen, daß sogar Takagi etwas schwankt zwischen Bewunderung, Anerkennung, Zuneigung und Eifersucht. Was den Namen dieses Schneeballs auf Pfoten angeht, lassen sie das Kätzchen selber entscheiden. Und so fällt die Wahl also auf Hana (Blume).
Keiner der beiden hat die Möglichkeit, sie mit nach Hause zu nehmen. Daher richten sie alles vorerst so ein, daß man sie beim Schrein lassen kann. Da natürlich die altbekannte Fragen zu Haltung und Ernährung auftauchen, betreten nun zwei neue Charaktere die Bühne: Oota-san aus der Tierhandlung sowie ihr sprechender Papagei. Der hat ein ziemlich loses Mundwerk, versteht menschliche Sprache und ist somit nicht besonders glaubwürdig. Aber auch nicht nervig, wie man das von anderen Comic reliefs sonst kennt. Oota-san selber werden einige der Zuschauer als ihre best waifu kennen: Asuna aus »SAO« hat die gleiche Seiyuu.
Hier nun entwickelt sich etwas, das über das bisherige Freundschaftsverhältnis hinausgeht und das die neckischen Scherze von Takagi getragen hat, trotz jenes "critical hit". Ihre Hänseleien werden ab hier auch spürbar weniger. Was ziemlich unausgesprochen bleibt, aber der Zuschauer sehr deutlich zu sehen bekommt, ist die Veränderung in der Beziehung der beiden, die zur gleichen Zeit das gleiche denken und tun. Mehr und mehr geht die Initiative von Nishikata aus. Eine Wandlung, auf die man sehr lange, aber auch sehr gerne gewartet hat. Davon abgesehen, daß er so langsam erkennt, was er an Takagi hat und was er für sie fühlt. Und falls jetzt einer fragen wollte, ob es zum heiß ersehnten "Ich liebe dich" kommt: Nein. Viel besser!
Noch nie hat man das Mädchen so in Tränen aufgelöst gesehen. Noch nie so traurig, so erleichtert und glücklich zugleich. Das in Worte zu fassen, scheint unmöglich; Taschentücher sind jedenfalls Pflicht.
Abgerundet wird der Film mit dem Natsu-matsuri. Schon wieder! Auch der Verkäufer vom Kandisapfelstand erinnert sich: "Das Paar vom letzten Jahr!" Doch auch für die kleine Dreierbande ist das Abenteuer des Sommers zu Ende, und sie blicken zuversichtlich ihrer Oberschulzeit entgegen. Owari.
… halt, noch nicht ganz! Wieder steht das Insektenfest an, und wieder sind zwei, nein, drei Personen unterwegs, und man erinnert sich an ein Versprechen, das damals nicht eingelöst werden konnte …
Zu Anfang hatte ich ja keine Vorstellung davon, was man mit einem Film zu »Takagi-san« alles anstellen könnte. Das Ende ließ mich dann mit einem Erlebnis zurück, auf das ich nicht zu hoffen wagte und das alle Erwartungen weit übertroffen hat. Eines fehlt aber dennoch:
Ich will eine Serie, die an den Abspann anknüpft. Unbedingt!
Wenn man bei einem Film wie diesem feuchte Augen bekommt, kann er wohl nicht allzu viel falsch gemacht haben. Schöner kann man eine Liebesgeschichte, die mehr sein will als eine bloße Schulromanze, einfach nicht verpacken.
Keine Ahnung, wie man sich diesem Meisterwerk halbwegs angemessen nähern soll, vielleicht am besten doch über die Musik. Man merkt ihr auf Schritt und Tritt an, daß man die Welt der Serie ein wenig hinter sich lassen will und auf Größeres zielt, denn hier kommt die ganze spätromantische Klangpalette zum Einsatz, aber ohne jeden Ausflug ins Dramatische. Man hat viel Piano, alles ist wesentlich orchestraler als in der Serie, passend zu dem pastoralen Flair hört man viele Holzbläser und Hörner. Gern auch im weichen, schwebenden Dreiertakt. Selbst die "karakai"-Szenen entfernen sich allmählich von ihrer aufdringlichen Munterkeit und bekommen ein bedächtiges Pizzicato [WP] verpasst. Inline-Songs sind hier fast schon ein Muss, und sie sind sogar anhörbar, ohne daß es da kitschtriefend aus den Lautsprechern quillt.
Für die Schüler aus dem Städtchen Tomioka mit seiner berühmten "Angel Road" [Google Maps] und dem Hachiman-Schrein [Google Maps] ist es der letzte gemeinsame Sommer ihrer Mittelschulzeit, daher sind auch diese Szenen voller melancholischer Rückblicke und unsicheren Erwartungen an die Zukunft. Schulwechsel drohen, Gruppen werden auseinandergerissen, Freundschaften zerbrechen oder versanden. Letzte gemeinschaftliche Unternehmungen stehen also auf dem Plan, für Nishikata und Takagi genauso wie für das nette Dreiergrüppchen und das Trio der Doofen. (Interessant übrigens, dass heute noch jemand im Querformat fotografiert.) Und Mano-chan natürlich.
Anfangs bleibt natürlich erstmal noch alles beim Alten. Nishikata kann wie immer nicht zugeben, etwas verpennt, vermasselt, falsch verstanden, whatever zu haben. Was ihm Gelegenheit gibt, panisch bis mastermindmäßig, je nach Lage der Dinge, in seinen inneren Monologen rumzuschreien, als ob das was nützen würde. Das ist diese Sorte Lustigkeit, die schwer und lastend auf der Glaubwürdigkeit ruht und in ihrer Penetranz bisweilen nervt.
(Eigentlich sollte es Takagi es sein lassen, durch ihre brillante und vorausschauende Klarsicht jemanden zu ärgern, der selber nicht weiter als bis zur eigenen Nasenspitze denken kann. Das ist idiot shaming der übelsten Art und ganz sicher von irgendeiner dieser aktuell viral gehenden Neo-Pc verpohten. – Im übrigen: könnt ihr auch freihändig solche geraden Linien zeichnen wie Takagi hier?)
Beeindruckend auch, wie er sein scheuklappenartiges Denken auf andere projiziert. Und würde Nishikata seine inneren Kämpfe nach außen tragen, wär's ein astreiner Fighting-Shounen. Diese schier ans Größenwahnsinnige grenzende Haltung spiegelt sich auch recht schön und charakteristisch in seiner kalligraphischen Arbeit über das Ziel, das er bis zum Ende seiner Mittelschulzeit erreichen will:
元気で休まず 皆勤賞を 卒業証書と 一緒にもらう
西片
»Fröhlich und ohne nachzulassen mit dem Abschlusszeugnis auch die Auszeichnung für regelmäßige Teilnahme bekommen.« (Nishikata)
So geht das bis etwa zur Mitte des Films, nur nicht in dieser enormen Dichte und Häufigkeit der bisherigen Staffeln. Man erreicht eine Dosierung, die dem Film merklich gut tut – und Nishikata selber sicherlich auch. Denn Dreh- und Angelpunkt für seine Entwicklung ist die nächtliche Szene auf dem Fest des Insekten-Vertreibens (Mushi-Okuri), auf das er Tagaki am Vorabend eingeladen hat.
Hier wird derart Atmosphäre verbreitet, daß man als Zuschauer Mühe hat, das alles zu verarbeiten. Eine Unmenge stiller Augenblicke mit atemberaubenden Naturbildern beherrscht die Szenerie, als wären wir im tiefsten Iyashikei. Szenen, die ausführlich und aus allen denkbaren Winkeln beleuchtet werden und die so einen Eindruck davon geben, was dieses Erlebnis, diese Stimmung in den beiden bewirkt – was sich dann wie mit Widerhaken auch im Gemüt des Zuschauer festsetzt.
Was aber am allermeisten beeindruckt, den Zuschauer wie Takagi-san gleichermaßen, ist das Intermezzo mit dem kleinen Mädchen, wo Nishikata zeigt, wie ungezwungen er mit kleinen Kindern umgehen kann und wie fantasievoll er die Angst vor dem nächtlichen Unbekannten zu nehmen vermag. (Das muss der Punkt gewesen sein, wo Takagi endgültig beschlossen hat, daß er und sonst niemand der Vater ihrer Kinder sein soll.)
Das wirft jedenfalls auch seine Schatten voraus auf die Katzenszene am Schrein. Es gelingt Nishikata derart mühelos und augenblicklich, das Vertrauen des kleinen, süßen Fellknäuels zu gewinnen, daß sogar Takagi etwas schwankt zwischen Bewunderung, Anerkennung, Zuneigung und Eifersucht. Was den Namen dieses Schneeballs auf Pfoten angeht, lassen sie das Kätzchen selber entscheiden. Und so fällt die Wahl also auf Hana (Blume).
Keiner der beiden hat die Möglichkeit, sie mit nach Hause zu nehmen. Daher richten sie alles vorerst so ein, daß man sie beim Schrein lassen kann. Da natürlich die altbekannte Fragen zu Haltung und Ernährung auftauchen, betreten nun zwei neue Charaktere die Bühne: Oota-san aus der Tierhandlung sowie ihr sprechender Papagei. Der hat ein ziemlich loses Mundwerk, versteht menschliche Sprache und ist somit nicht besonders glaubwürdig. Aber auch nicht nervig, wie man das von anderen Comic reliefs sonst kennt. Oota-san selber werden einige der Zuschauer als ihre best waifu kennen: Asuna aus »SAO« hat die gleiche Seiyuu.
Hier nun entwickelt sich etwas, das über das bisherige Freundschaftsverhältnis hinausgeht und das die neckischen Scherze von Takagi getragen hat, trotz jenes "critical hit". Ihre Hänseleien werden ab hier auch spürbar weniger. Was ziemlich unausgesprochen bleibt, aber der Zuschauer sehr deutlich zu sehen bekommt, ist die Veränderung in der Beziehung der beiden, die zur gleichen Zeit das gleiche denken und tun. Mehr und mehr geht die Initiative von Nishikata aus. Eine Wandlung, auf die man sehr lange, aber auch sehr gerne gewartet hat. Davon abgesehen, daß er so langsam erkennt, was er an Takagi hat und was er für sie fühlt. Und falls jetzt einer fragen wollte, ob es zum heiß ersehnten "Ich liebe dich" kommt: Nein. Viel besser!
Noch nie hat man das Mädchen so in Tränen aufgelöst gesehen. Noch nie so traurig, so erleichtert und glücklich zugleich. Das in Worte zu fassen, scheint unmöglich; Taschentücher sind jedenfalls Pflicht.
Abgerundet wird der Film mit dem Natsu-matsuri. Schon wieder! Auch der Verkäufer vom Kandisapfelstand erinnert sich: "Das Paar vom letzten Jahr!" Doch auch für die kleine Dreierbande ist das Abenteuer des Sommers zu Ende, und sie blicken zuversichtlich ihrer Oberschulzeit entgegen. Owari.
… halt, noch nicht ganz! Wieder steht das Insektenfest an, und wieder sind zwei, nein, drei Personen unterwegs, und man erinnert sich an ein Versprechen, das damals nicht eingelöst werden konnte …
Zu Anfang hatte ich ja keine Vorstellung davon, was man mit einem Film zu »Takagi-san« alles anstellen könnte. Das Ende ließ mich dann mit einem Erlebnis zurück, auf das ich nicht zu hoffen wagte und das alle Erwartungen weit übertroffen hat. Eines fehlt aber dennoch:
Ich will eine Serie, die an den Abspann anknüpft. Unbedingt!
Beitrag wurde zuletzt am 10.04.2024 02:10 geändert.
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