AsaneRedakteur
#1Allein schon am Artwork erkennt man ganz gut, woher der Wind weht: Einfache Strukturen, helle, pastellene Farben, Simulierung von Aquarell. Wie man es von gewissen heiteren, aber seichten Kurzanimes her kennt. Die allzu komplizierten Texturen bei Isamu Tamaru, dem etwas zwielichtigen Tunichtgut der Serie, sind allerdings streng statisch, etwa wie bei Gankutsuou, was bei Bewegungen zu schweren Schwindelanfällen und Übelkeit auf Seiten des Zuschauers führen kann.
Die Mangavorlage wird also alles andere als geleugnet; die typischen Stilmittel sind gewissermaßen konstitutiv für den Anime, sind zentraler Bestandteil des Artworks wie der Inszenierung.
Das färbt natürlich auch auf alle Figuren der Serie ab, ganz besonders bei Kotarou, an dessen sympathieheischende Strichaugen man sich erstmal gewöhnen muss, da dieses Stilmittel auch bei Nahaufnahmen beibehalten wird.
Der kleine Kotarou ist der Protagonist dieser Show und ein nicht ganz so typisches Kindergartenkind. Er wohnt alleine in einem Apartment eines Mietshauses mit sechs Parteien und steht eines Tages bei Karino, einem Mangaka, vor der Bude und verteilt Willkommensgeschenke. Der Dreikäsehoch wirkt mit seinen grad mal 4 Jahren nicht nur sehr erwachsen, er redet auch so; von ausgesuchter, altmodischer Höflichkeit, benutzt er haufenweise "de aru"-Formen – als hätte er sich's von einem Buch angelesen. Zudem spricht er von sich als "warawa", einer altertümlichen Variante von "watashi", wobei sich alsbald herausstellt, daß er das sich von seinem LIeblingsanime »Tonosaman« abgeschaut hat, wo der kindliche Held aus feudalen Zeiten ein ums andere Mal wenn nicht die Welt, so doch wenigstens andere Kinder vor dem Bösen (z.B. hinterhältigen, sprechenden Pilzen) rettet. Seine Stimme ist ein typischer Fall für "Himmel noch mal, die kenn' ich doch!" – und man schaut nach:In einer ziemlich atypischen Rolle. Erstaunlich, daß sie sich das antut.
Wer ist dieser Kotarou jetzt eigentlich – ein Alien? Wiedergeburt als Kind? Nein. Er ist ein kleiner Junge, der auf eigene Rechnung alleine lebt und von einer mysteriösen Person wöchentlich finanzielle Zuwendungen erhält. Die Aufdeckung der Identität würde bedeuten, hier den Leser zu spoilern, und außerdem erfährt man das, was man eh schon geahnt hat, in der Schlussfolge dieser Staffel.
Der Kleine hat jedenfalls eine erstaunliche Beobachtungsgabe und zieht daraus die richtigen Schlussfolgerungen. Auf altkluge Art, ohne auf die Nerven zu gehen. Das macht er am ehesten bei seinen Nachbarn, wenn er sich bei ihnen einklinkt und manchmal durch seine Fragen gehörig auf den Geist geht. Besonders wenn er in gespielter Naivität einen wunden Punkt erwischt.
Man weiß daher als Zuschauer von vornherein, wie es mit dem Thema Glaubwürdigkeit und Realitätsbezug steht. Und man arrangiert sich am besten sehr schnell damit, sonst wird man wenig Spaß mit dem Anime haben. Wie immer bei solchen Serien mit Kindergartenkindern lebt der Humor vor allem davon, den Kleinen typisch erwachsene Gedankengänge und Weltvorstellungen ins Hirn zu legen, die alles andere als altersgerecht sind.
Aber das kennt man ja mindestens seit »Peanuts«, und diese Konstellation samt munterer Ignorierung jedwelcher administrativer Vorgänge und rechtlicher Aspekte ist speziell im Anime- und Manga-Bereich fast schon konzeptionelle Normalität. Und nicht erst seit Binbou Shimai Monogatari.
Um irgendeine Sorte Humor zu tragen, dürfen die Charaktere Tonnen von inneren Monologen vor sich hertragen. Allerdings erspart man sich aufgeregte Scherzhaftigkeiten, die mangelnde Substanz überspielen sollen. Das ist ja auch schon was. Humor ist also reichlich vorhanden, Komik eine Seltenheit. Passend zu Kotarou, der immer sehr ernst bleibt, nie lacht, selten lächelt (man kann es an einer Hand abzählen).
Die Musik im Hintergrund gibt sich minimalistisch und unauffällig. Sie setzt kleine Akzente heiterer Normalität, gerne mit Piano, hat aber durchaus ein paar Stücke im Angebot, die ins Ohr gehen. Opening und Ending sind vorhanden und fordern zum Skippen auf.
Mit seiner überlegen-unschuldigen Art, wo sich kindliches Verhalten mit Mastermind-Attitüden schneidet, werden natürlich im Verlauf der Serie viele gesellschaftliche Probleme angesprochen, auch unter völlig überraschenden Aspekten, manchmal etwas zu pädagogisch, meist aber eher unkonventionell - spielerisch und natürlich absolut idealistisch geprägt.
Ganz allmählich sickern die Hintergründe für Kotarous Verhalten durch; erst durch einzelne Worte, die unversehens ganz nebenbei eingestreut werden, dann durch externe Szenen (d.h. außerhalb von Kotarous direktem Umfeld), die tiefer blicken lassen in die Katastrophen, die seiner zarten Kindheit widerfahren sein müssen. Das ist zwar immer noch nicht altersgerecht, wirft aber ein Schlaglicht auf sein Gemüt, seine innere Verfassung. Oft sind es diese kurzen, scheinbar unmotivierten und wie aus dem Nichts kommenden Bemerkungen, die einem Erwachsenen kurz das Herz gefrieren lassen. – In der Hinsicht ist Ep. 4 über das Weglaufen geradezu genial. Und die letzte Folge dieses Animes lässt genügend Raum für einen Cliffhanger zu einer 2. Staffel.
Fazit:
Der Anime versucht sich in der Disziplin heartwarming, was ihm nur partiell gelingt. Nicht die Glaubwürdigkeit steht dem im Weg, eher die Steifheit in der Umsetzung. Man versucht sich in leisen, dezenten Tönen, was sicher kein Fehler ist, schafft es aber nicht so recht, den Zuschauer mitzunehmen. Alles scheint etwas zu steril, etwas zu statisch, und am Ende fehlt es an dem, was die Figuren authentisch erscheinen lässt. Sie sind kalkuliert einfach gehalten, um dem kleinen Kotarou als Projektionsfläche für seinen schier übermenschlichen Spürsinn zu dienen, und das nimmt dem Anime die Lebendigkeit und Unmittelbarkeit, die beispielsweise »Usagi Drop« auszeichnet.
Die Mangavorlage wird also alles andere als geleugnet; die typischen Stilmittel sind gewissermaßen konstitutiv für den Anime, sind zentraler Bestandteil des Artworks wie der Inszenierung.
Das färbt natürlich auch auf alle Figuren der Serie ab, ganz besonders bei Kotarou, an dessen sympathieheischende Strichaugen man sich erstmal gewöhnen muss, da dieses Stilmittel auch bei Nahaufnahmen beibehalten wird.
Der kleine Kotarou ist der Protagonist dieser Show und ein nicht ganz so typisches Kindergartenkind. Er wohnt alleine in einem Apartment eines Mietshauses mit sechs Parteien und steht eines Tages bei Karino, einem Mangaka, vor der Bude und verteilt Willkommensgeschenke. Der Dreikäsehoch wirkt mit seinen grad mal 4 Jahren nicht nur sehr erwachsen, er redet auch so; von ausgesuchter, altmodischer Höflichkeit, benutzt er haufenweise "de aru"-Formen – als hätte er sich's von einem Buch angelesen. Zudem spricht er von sich als "warawa", einer altertümlichen Variante von "watashi", wobei sich alsbald herausstellt, daß er das sich von seinem LIeblingsanime »Tonosaman« abgeschaut hat, wo der kindliche Held aus feudalen Zeiten ein ums andere Mal wenn nicht die Welt, so doch wenigstens andere Kinder vor dem Bösen (z.B. hinterhältigen, sprechenden Pilzen) rettet. Seine Stimme ist ein typischer Fall für "Himmel noch mal, die kenn' ich doch!" – und man schaut nach:In einer ziemlich atypischen Rolle. Erstaunlich, daß sie sich das antut.
Wer ist dieser Kotarou jetzt eigentlich – ein Alien? Wiedergeburt als Kind? Nein. Er ist ein kleiner Junge, der auf eigene Rechnung alleine lebt und von einer mysteriösen Person wöchentlich finanzielle Zuwendungen erhält. Die Aufdeckung der Identität würde bedeuten, hier den Leser zu spoilern, und außerdem erfährt man das, was man eh schon geahnt hat, in der Schlussfolge dieser Staffel.
Der Kleine hat jedenfalls eine erstaunliche Beobachtungsgabe und zieht daraus die richtigen Schlussfolgerungen. Auf altkluge Art, ohne auf die Nerven zu gehen. Das macht er am ehesten bei seinen Nachbarn, wenn er sich bei ihnen einklinkt und manchmal durch seine Fragen gehörig auf den Geist geht. Besonders wenn er in gespielter Naivität einen wunden Punkt erwischt.
Man weiß daher als Zuschauer von vornherein, wie es mit dem Thema Glaubwürdigkeit und Realitätsbezug steht. Und man arrangiert sich am besten sehr schnell damit, sonst wird man wenig Spaß mit dem Anime haben. Wie immer bei solchen Serien mit Kindergartenkindern lebt der Humor vor allem davon, den Kleinen typisch erwachsene Gedankengänge und Weltvorstellungen ins Hirn zu legen, die alles andere als altersgerecht sind.
Aber das kennt man ja mindestens seit »Peanuts«, und diese Konstellation samt munterer Ignorierung jedwelcher administrativer Vorgänge und rechtlicher Aspekte ist speziell im Anime- und Manga-Bereich fast schon konzeptionelle Normalität. Und nicht erst seit Binbou Shimai Monogatari.
Um irgendeine Sorte Humor zu tragen, dürfen die Charaktere Tonnen von inneren Monologen vor sich hertragen. Allerdings erspart man sich aufgeregte Scherzhaftigkeiten, die mangelnde Substanz überspielen sollen. Das ist ja auch schon was. Humor ist also reichlich vorhanden, Komik eine Seltenheit. Passend zu Kotarou, der immer sehr ernst bleibt, nie lacht, selten lächelt (man kann es an einer Hand abzählen).
Die Musik im Hintergrund gibt sich minimalistisch und unauffällig. Sie setzt kleine Akzente heiterer Normalität, gerne mit Piano, hat aber durchaus ein paar Stücke im Angebot, die ins Ohr gehen. Opening und Ending sind vorhanden und fordern zum Skippen auf.
Mit seiner überlegen-unschuldigen Art, wo sich kindliches Verhalten mit Mastermind-Attitüden schneidet, werden natürlich im Verlauf der Serie viele gesellschaftliche Probleme angesprochen, auch unter völlig überraschenden Aspekten, manchmal etwas zu pädagogisch, meist aber eher unkonventionell - spielerisch und natürlich absolut idealistisch geprägt.
Ganz allmählich sickern die Hintergründe für Kotarous Verhalten durch; erst durch einzelne Worte, die unversehens ganz nebenbei eingestreut werden, dann durch externe Szenen (d.h. außerhalb von Kotarous direktem Umfeld), die tiefer blicken lassen in die Katastrophen, die seiner zarten Kindheit widerfahren sein müssen. Das ist zwar immer noch nicht altersgerecht, wirft aber ein Schlaglicht auf sein Gemüt, seine innere Verfassung. Oft sind es diese kurzen, scheinbar unmotivierten und wie aus dem Nichts kommenden Bemerkungen, die einem Erwachsenen kurz das Herz gefrieren lassen. – In der Hinsicht ist Ep. 4 über das Weglaufen geradezu genial. Und die letzte Folge dieses Animes lässt genügend Raum für einen Cliffhanger zu einer 2. Staffel.
Fazit:
Der Anime versucht sich in der Disziplin heartwarming, was ihm nur partiell gelingt. Nicht die Glaubwürdigkeit steht dem im Weg, eher die Steifheit in der Umsetzung. Man versucht sich in leisen, dezenten Tönen, was sicher kein Fehler ist, schafft es aber nicht so recht, den Zuschauer mitzunehmen. Alles scheint etwas zu steril, etwas zu statisch, und am Ende fehlt es an dem, was die Figuren authentisch erscheinen lässt. Sie sind kalkuliert einfach gehalten, um dem kleinen Kotarou als Projektionsfläche für seinen schier übermenschlichen Spürsinn zu dienen, und das nimmt dem Anime die Lebendigkeit und Unmittelbarkeit, die beispielsweise »Usagi Drop« auszeichnet.
Beitrag wurde zuletzt am 15.03.2022 20:20 geändert.
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