SlaughtertripV.I.P.
#1Eines muss man diesem Anime lassen: Das Setting ist unheimlich schräg – genau so, wie ich es mag. Am Anfang vielleicht etwas zu schräg, vor allem deshalb, weil man so gar keine Informationen whatsoever darüber bekommt, wieso, weshalb und warum. Man erfährt nur von einer »Katastrophe«, die den Startschuss für viele Pilz-Abenteuer gibt. Ja, Pilze – oder »Schwammerl«, wie man in Bayern und im Staat, der südlich an Deutschland angrenzt, sagt. – Die vier Elemente wurden in Film und Fernsehen schon unzählige Male abgegrast. Hier werden die Feinde und die Umgebung nicht mit Feuer verbrannt oder mit Eis eingefroren, sondern man lässt Pilze aus ihnen sprießen. Wie originell! Und das Beste daran: Die Pilz-Thematik fügt sich wunderbar in alle für eine Serie wichtigen Bereiche ein. Was also bekommt man hier so pilzig Schönes?
Von dieser verrosteten Pilzwelt sieht man so einige Schauplätze, die sich in ihrer Atmosphäre stark voneinander unterscheiden. Die Stadt Imihama, aus der mehrere wichtige Figuren stammen, zeigt ein düsteres, industriell anmutendes Bild. Dadurch, dass bei den Szenen in Imihama der korrupten Politik des Hauptantagonisten Kurokawa sowie mehreren für die Handlung völlig irrelevanten Prostituierten sehr viel Screentime gewährt wird, ist auch ein moralischer Zerfall zu erkennen. Die »Welt außerhalb« wiederum gleicht einer einsamen Steppe. An manchen Stellen gibt es Grenzposten wie Inoshige und Oota, und natürlich treffen die Protagonisten auf ihrer Reise auch auf kleine Grüppchen, beispielsweise auf die Kinder aus Tetsujin Town, jedoch kann hier von der Trostlosigkeit, die in Imihama allgegenwärtig ist, keine Rede sein. Dort, in der freien Natur, bekommt man die abgefahrenste Action dieses Animes zu sehen, und die ist knallig bunt und macht einfach tierisch Spaß!
Apropos tierisch. Es taucht immer wieder Gewusel (#1, #2, #3, #4) auf, bei dem man sich fragt, woher dieses denn kommt. Gab es diese Viecher schon vor der Katastrophe? Wenn nein, warum wird immer nur der seit dieser Katastrophe aufkommende Rost thematisiert, statt sich zu fragen, woher diese Wesen stammen? Generell stellt man sich hier sehr viele Fragen, wohingegen man kaum Antworten bekommt. Das führt dazu, dass man sich ein wenig verlassen in dieser Welt fühlt. Als sei man an einem fremden Ort, an dem man sich nur ganz vorsichtig in alle Richtungen vorantastet und doch orientierungslos bleibt. Es fehlt jemand, der einen an die Hand nimmt; es fehlt ein großer, allgemeiner Überblick – die kleinen Orte und alle mit der Katastrophe einhergehenden Veränderungen und Geheimnisse können ja auch im Verlauf der Geschichte genauer ergründet werden. Die Faszination dieser irreal Welt soll vermutlich so lange wie möglich erhalten bleiben.
Manche Storyelemente werden dafür überraschend schnell abgehandelt, weshalb sich diese zwölf Episoden wie ein abgeschlossener Prolog anfühlen. In den nächsten Zeilen dieses Absatzes betritt man Spoiler-Territorium – betreten auf eigene Gefahr! So ist Kurokawa nicht die verrostete und dreckige Seite jener Münze, bei der Bisco Akaboshi die polierte und funkelnde Seite darstellt. Er ist nicht jener Bösewicht, der sich von Anfang bis Ende gegen die Helden stellt, sondern ein »Etappen-Gegner«, der ein fulminant inszeniertes Ende findet. Bis es dazu kommt, werden viele Fragen beantwortet, ganz im Sinne von: »Ich habe diese Schandtat begangen und war verantwortlich für dieses und jenes.« Ein bisschen erzwungen fühlen sich diese ganzen Enthüllungen schon an, doch wenn nicht kurz vor seinem Tod, wann dann? Diese Erzählweise hilft einerseits zwar dabei, diese zwölf Episoden als Einheit zu betrachten, doch andererseits geht etwas von dieser Naturmystik verloren. Ähnlich verhält es sich mit Tetsujin. Dieser Riese mit organischen und anorganischen Merkmalen ist vermutlich ein großes Puzzlestück, damit man am Ende ein vollständiges und klares Bild von dieser Welt und allem, was hinter der Katastrophe steckt, erhält. Und auch hier bin ich etwas zwiegespalten. Einerseits erfährt man im letzten Drittel, in dem Tetsujin seiner Zerstörungswut freien Lauf lässt, so viel, dass man sich vieles selbst zusammenreimen kann – und das ist etwas der Spannung abträglich. Andererseits jedoch könnte es sich noch als guter Schachzug herausstellen, dass es gleich mehrere von diesen Monstrositäten gibt, denn so schafft man sich selbst viel Spielraum, um die Welt zu erweitern und den Zuseher (bzw. den Leser, sollte es keine zweite Staffel geben) doch noch mit unvorhergesehenen Plot Points zu überraschen.
Bisco Akaboshi – ein Actionheld, der die ganzen Stallones und Schwarzeneggers wie Heulsusen aussehen lässt. Milo Nekoyanagi – ein Arzt, der so lieb ist wie ein rolliger Kater. Dass zwei Gegensätze ein Team bilden, ist nichts Neues. Wie die beiden sich jedoch entwickeln, sorgt für einige Überraschungen. Es entsteht eine Beziehung, die über Freundschaft hinausgeht. Sogar ein Vergleich mit dem Boys-Love-Genre darf angestellt werden. Dabei sind es nicht nur die Bilder, die solche Vergleiche zulassen, sondern auch die Sprache (»aishiteru«). Jene Zuseher, die Boys Love abgeneigt sind, können aber beruhigt aufatmen, denn ein bisschen Körperkontakt ist das Höchste der Gefühle. Von Pawoo Nekoyanagi, Milos Schwester, sieht man ebenfalls keine erotischen Szenen, was schade ist, denn immerhin hat sie ein E-Körbchen! Pawoo ist ohnehin viel zu sehr damit beschäftigt, die Pilzwelt durchzuwirbeln. Ihre Actionszenen sind so dermaßen over the top, dass man sich ein Grinsen nicht verkneifen kann. Obwohl Bisco, sobald es ernst wird, selbst zur Furie wird, legt ausgerechnet sie ein Verhalten an den Tag, das man zu Beginn von Bisco erwarten würde. Sie ist der wahre Badass dieser Serie …
Keine Rezension ist vollständig ohne ein paar schlechte Wortspiele. Wie genießt man »Sabikui Bisco« am besten? Ich würde dazu raten, diesen Anime bei einem Schwammerlgulasch und einem kühlen Pils anzusehen, kurz nachdem man mit Toad ein paar Runden bei »Mario Kart« gedreht hat, weil man wegen eines Fußpilzes ein bisschen Spaß bitter nötig gehabt hat. Es geht aber auch ohne. Eine Affinität für Action, Abenteuer und eine originelle Erzählweise genügt schon. Es geht aber auch ohne. Eigentlich reicht es, sich zu einem möglichst schrägen Setting hingezogen zu fühlen, und es braucht auch keine Magic Mushrooms, um dieses auf sich wirken zu lassen.
- eine Story, in der die Pilze für das Auftauchen der »Rostkrankheit« und des »Rostwindes« verantwortlich gemacht werden
- mysteriöse, als »Pilzhüter« bezeichnete Charaktere, die für Spannung garantieren
- ein Weltendesign, das aussieht, als sei »Super Mario« als Dystopie umgesetzt worden
Von dieser verrosteten Pilzwelt sieht man so einige Schauplätze, die sich in ihrer Atmosphäre stark voneinander unterscheiden. Die Stadt Imihama, aus der mehrere wichtige Figuren stammen, zeigt ein düsteres, industriell anmutendes Bild. Dadurch, dass bei den Szenen in Imihama der korrupten Politik des Hauptantagonisten Kurokawa sowie mehreren für die Handlung völlig irrelevanten Prostituierten sehr viel Screentime gewährt wird, ist auch ein moralischer Zerfall zu erkennen. Die »Welt außerhalb« wiederum gleicht einer einsamen Steppe. An manchen Stellen gibt es Grenzposten wie Inoshige und Oota, und natürlich treffen die Protagonisten auf ihrer Reise auch auf kleine Grüppchen, beispielsweise auf die Kinder aus Tetsujin Town, jedoch kann hier von der Trostlosigkeit, die in Imihama allgegenwärtig ist, keine Rede sein. Dort, in der freien Natur, bekommt man die abgefahrenste Action dieses Animes zu sehen, und die ist knallig bunt und macht einfach tierisch Spaß!
Apropos tierisch. Es taucht immer wieder Gewusel (#1, #2, #3, #4) auf, bei dem man sich fragt, woher dieses denn kommt. Gab es diese Viecher schon vor der Katastrophe? Wenn nein, warum wird immer nur der seit dieser Katastrophe aufkommende Rost thematisiert, statt sich zu fragen, woher diese Wesen stammen? Generell stellt man sich hier sehr viele Fragen, wohingegen man kaum Antworten bekommt. Das führt dazu, dass man sich ein wenig verlassen in dieser Welt fühlt. Als sei man an einem fremden Ort, an dem man sich nur ganz vorsichtig in alle Richtungen vorantastet und doch orientierungslos bleibt. Es fehlt jemand, der einen an die Hand nimmt; es fehlt ein großer, allgemeiner Überblick – die kleinen Orte und alle mit der Katastrophe einhergehenden Veränderungen und Geheimnisse können ja auch im Verlauf der Geschichte genauer ergründet werden. Die Faszination dieser irreal Welt soll vermutlich so lange wie möglich erhalten bleiben.
Manche Storyelemente werden dafür überraschend schnell abgehandelt, weshalb sich diese zwölf Episoden wie ein abgeschlossener Prolog anfühlen. In den nächsten Zeilen dieses Absatzes betritt man Spoiler-Territorium – betreten auf eigene Gefahr! So ist Kurokawa nicht die verrostete und dreckige Seite jener Münze, bei der Bisco Akaboshi die polierte und funkelnde Seite darstellt. Er ist nicht jener Bösewicht, der sich von Anfang bis Ende gegen die Helden stellt, sondern ein »Etappen-Gegner«, der ein fulminant inszeniertes Ende findet. Bis es dazu kommt, werden viele Fragen beantwortet, ganz im Sinne von: »Ich habe diese Schandtat begangen und war verantwortlich für dieses und jenes.« Ein bisschen erzwungen fühlen sich diese ganzen Enthüllungen schon an, doch wenn nicht kurz vor seinem Tod, wann dann? Diese Erzählweise hilft einerseits zwar dabei, diese zwölf Episoden als Einheit zu betrachten, doch andererseits geht etwas von dieser Naturmystik verloren. Ähnlich verhält es sich mit Tetsujin. Dieser Riese mit organischen und anorganischen Merkmalen ist vermutlich ein großes Puzzlestück, damit man am Ende ein vollständiges und klares Bild von dieser Welt und allem, was hinter der Katastrophe steckt, erhält. Und auch hier bin ich etwas zwiegespalten. Einerseits erfährt man im letzten Drittel, in dem Tetsujin seiner Zerstörungswut freien Lauf lässt, so viel, dass man sich vieles selbst zusammenreimen kann – und das ist etwas der Spannung abträglich. Andererseits jedoch könnte es sich noch als guter Schachzug herausstellen, dass es gleich mehrere von diesen Monstrositäten gibt, denn so schafft man sich selbst viel Spielraum, um die Welt zu erweitern und den Zuseher (bzw. den Leser, sollte es keine zweite Staffel geben) doch noch mit unvorhergesehenen Plot Points zu überraschen.
Bisco Akaboshi – ein Actionheld, der die ganzen Stallones und Schwarzeneggers wie Heulsusen aussehen lässt. Milo Nekoyanagi – ein Arzt, der so lieb ist wie ein rolliger Kater. Dass zwei Gegensätze ein Team bilden, ist nichts Neues. Wie die beiden sich jedoch entwickeln, sorgt für einige Überraschungen. Es entsteht eine Beziehung, die über Freundschaft hinausgeht. Sogar ein Vergleich mit dem Boys-Love-Genre darf angestellt werden. Dabei sind es nicht nur die Bilder, die solche Vergleiche zulassen, sondern auch die Sprache (»aishiteru«). Jene Zuseher, die Boys Love abgeneigt sind, können aber beruhigt aufatmen, denn ein bisschen Körperkontakt ist das Höchste der Gefühle. Von Pawoo Nekoyanagi, Milos Schwester, sieht man ebenfalls keine erotischen Szenen, was schade ist, denn immerhin hat sie ein E-Körbchen! Pawoo ist ohnehin viel zu sehr damit beschäftigt, die Pilzwelt durchzuwirbeln. Ihre Actionszenen sind so dermaßen over the top, dass man sich ein Grinsen nicht verkneifen kann. Obwohl Bisco, sobald es ernst wird, selbst zur Furie wird, legt ausgerechnet sie ein Verhalten an den Tag, das man zu Beginn von Bisco erwarten würde. Sie ist der wahre Badass dieser Serie …
… doch auch ein Badass möchte Liebe erfahren.
Keine Rezension ist vollständig ohne ein paar schlechte Wortspiele. Wie genießt man »Sabikui Bisco« am besten? Ich würde dazu raten, diesen Anime bei einem Schwammerlgulasch und einem kühlen Pils anzusehen, kurz nachdem man mit Toad ein paar Runden bei »Mario Kart« gedreht hat, weil man wegen eines Fußpilzes ein bisschen Spaß bitter nötig gehabt hat. Es geht aber auch ohne. Eine Affinität für Action, Abenteuer und eine originelle Erzählweise genügt schon. Es geht aber auch ohne. Eigentlich reicht es, sich zu einem möglichst schrägen Setting hingezogen zu fühlen, und es braucht auch keine Magic Mushrooms, um dieses auf sich wirken zu lassen.
Beitrag wurde zuletzt am 15.06.2022 06:46 geändert.
Kommentare
Spoiler:
Eventuel ist es nur mein Gefühl, aber ich finde in dem letzten Drittel hat man so ziemich jeden berühmten Anime aus dem Cyberpunk und SciFi Setting verarbeitet den man gefunden hat. Also ich fand Akira, Ghibli gleich zweimal, die Wiederauferstehung kenne ich auch noch irgendwoher und noch zwei Sachen. Die Anspielung auf Herr der Ringe zähle ich nicht die war eindeutig absicht, das zeigt sich im Dialog.