Ähnlich wie bei
Mahou Shoujo stellen sich hier zwei große Probleme in den Weg, wenn man es mit etwas zu tun hat, wo
Precure draufsteht.
Wenn man nun schon einiges älter ist als 14 und unglücklicherweise auch kein Mädchen, wird man unentwegt einer optischen Zumutung ausgesetzt (Serien dieses Schlages sind gerne 4-cour), die in wildesten und buntesten Pastelltönen über einen herfällt und sehr wahrscheinlich das Potential hat, Augenkrebs zu verursachen. Die dauerpiepsenden Stimmchen, besonders der plüschigen
Magiewesen, die dazuhin an jeden, aber auch wirklich jeden Satz "fupu" und "mupu", "lapi" und "chopi" anhängen müssen, führen zu schweren Ekzemen im Mittelohr, was sicherlich auch nicht gerade gesund ist.
Und selbstverständlich sind diese Wesen, aus einer magischen Parallelwelt stammend, hochgradig verkitschte Schießbudenfiguren mit nervtötendstem
kawaii-Sprech, da kommt selbst Ayus "
uguu" nicht mehr mit. Da das alles aber noch nicht ausgereizt ist, bekommen sie als BGM noch spieluhrartige Melodien spendiert, die klingen, als würden sie bei einem Kinder-Keyboard auf einer Funktionstaste liegen.
Nachdem die Sinne des Zuschauers hinreichend bedient sind, bleibt noch das zweite große Problem, das sich der Intelligenz und der geistigen Zurechnungsfähigkeit annimmt. Es ist eigentlich nicht weiter bemerkenswert, aber Serien dieser Art laufen immer nach dem gleichen Prinzip ab. Dramaturgie und Inszenierung sind nicht nur extrem vorhersehbar und überraschungsfrei, sie scheinen in der Art der Realisierung auch eher den 90er Jahren entsprungen; und das Grundmuster der Handlung war schon in den Achtzigern, achwas, in den Siebzigern nicht mehr wirklich neu. In vielen Folgen war präzise abzusehen, was nun als nächstes passieren wird, und zwar auf die Minute genau.
Das nur als allgemeine
Warnung für die, die nicht ahnen, worauf sie sich hier einlassen. Denn sich darüber zu beschweren, ist natürlich albern, sowas gehört zu den unentbehrlichen und quasi obligatorischen Bausteinen dieses Genres (wenn man das so nennen kann) mit dazu. Genauso gut könnte man sich sonst ja auch beschweren, daß in einem Hentai auf einmal Sex vorkommt …
Diese bisherigen Ausführungen zum Grundsätzlichen stehen eigentlich nur deshalb da, um dem Text den Anschein von Substanz zu geben. Zumindest mehr Substanz, als der gesamte Anime zu bieten hat. Denn je jänger er sich hinzieht, desto mehr verschwindet die erzählerische Substanz hinter vorgefertigten Fassaden. Und damit also zur
Handlung:
Ganz Gallien ist von den Römern besetzt Nein, sorry: Ein Bösewicht hat die Herrschaft über die Magiewelt an sich gerissen, indem er die lebenswichtigen heiligen Quellen zerstört hat und das Land wüst gefallen ist. Alle Quellen, bis auf eine. Denn mittels dieser letzten Quelle wird es ihm auch gelingen, die »Welt des Grünen«, also die Erde zu unterwerfen, die dann genauso öde und brach liegen wird wie das magische Reich. Allein die beiden ("futari")
Pretty Cure können diese Katastrophe noch verhindern.
Frage also: Werden die beiden die Welt der Magie und auch die Erde selbst retten können?
Antwort: Schaun mer mal.
Aber schaun mer doch erstmal auf die Staffage, die hier aufgefahren wird: wo für Details die Worte fehlen, muss man ins Allgemeine ausweichen. Diese Welt von
Mai und
Saki gleicht optisch einem Spielwarenladen, Mädchenabteilung. Das Drama, das hier installiert wird, will schließlich nicht das rosarote Pink von Barbie und Ponyhof auf je irgendeine Weise gefährden. Und
Madoka ist noch weit entfernt. Es geht also um Liebe und Gerechtigkeit. Und wenn nicht direkt um Liebe, dann doch immerhin um die Kraft der Freundschaft. Gegen böse Neidlinge, die alles Schöne-Wahre-Gute von dieser Welt vertilgen wollen.
Was also unterscheidet "Splash Star" von anderen Serien gleichen Schlages? Im wesentlichen die Namen.
Daher beschert dieser Hass der Bösen ihnen Namen, die kein Japaner aussprechen kann, und sie werden niedergeschrieben mit einem Verhau aus Katakana-Sonderformen, die kaum vernünftig zu entziffern sind. Das ist zugegeben hier nicht ganz so der Fall, aber die Tendenz ist sehr ähnlich, besonders bei dem Versuch, den Schlachtruf "Twin Star Splash!" über die Zunge zu kriegen.
Die permanenten
Kämpfe zwischen den Pretty Cure und den wechselnden Vertretern des Bösen sind natürlich durchweg so angelegt, daß trotz der üblichen initialen Rückschläge die beiden doch noch gewinnen, aus Gründen der abgrundtiefen Dämlichkeit der Gegner sowie aufgrund einer äußerst wohlwollenden Regie. Denn auch hier ist es während der ein bis anderthalb Minuten dauernden Verwandlung absolut tabu, überraschend anzugreifen. Und auch wenn die Mädchen angeschlagen am Boden liegen, wartet man fairerweise, bis sie wieder auf den Beinen sind, um sie dann final fertigzumachen. Was seltsamerweise regelmäßig misslingt.
Aber das gehört wohl zu den speziellen Spielregeln dieses Genres, daß die diversen Kasper, die sich an der Vernichtung der beiden versuchen, aufgrund von eklatant inkonsistentem Verhalten regelmäßig darin versagen und die Mädchen davonkommen lassen. Daher mutet es schon eher grotesk an, wenn
Gooyan (die Nr. 2 im Reich der Bösewichte) urplötzlich auftaucht, sich die beiden
Viecher Kobolde schnappt (zur
peinlichen Befragung) und wieder hinabsteigt in das Höllenreich. So einfach kann's gehen!
Mit jeder neuen Kraft steigert sich auch die Verwandlung und das Erscheinungsbild von Pretty Cure. Und zwar dergestalt, daß sie am Ende ausschauen wie ein
Pop-Duo der 80er Jahre. Was aber auch wieder gut passt zu dem sonstigen
magischen Schnickschnack, den Saki und Mai erhalten und der allgemein ausschaut wie
Barbiespielzeug für Sechsjährige.
Ein schöner Zug an der Serie ist das Auftreten von
Kaoru und
Michiru, vom Oberbösen erschaffen, um die Pretty Cure auszuspionieren. Sie wirken wie ein seelenloses Abbild von Mai und Saki, ja, fast wie Aliens.
Wobei für den aufmerksamen Zuschauer aber sehr schnell klar ist, daß die Erfahrungen in der Menschenwelt und der herzliche, unvoreingenommene Umgang mit den Pretty Cure die entscheidenden Faktoren sind, um sie umzupolen. Das ist nur eine Zeitfrage. Auch weil sie weder das Konzept Freundschaft und Liebe kennen, noch ihnen sich die Frage nach dem Sinn und dem Wert des eigenen Lebens stellt – noch nicht.
So leicht das zu durchschauen ist, bringt es doch eine angenehme und oftmals überraschende Abwechslung, eben weil oben erwähnte Fragen gestellt werden.
Was mich im ganzen am meisten überrascht hat, war die
Musik. Genauer: die BGM. Die schlägt munter den Bogen von harmlosem Gedudel über orchestralen Pop hin zu wuchtiger, spätromantischer Symphonik bei den Kampfszenen. Aber auch die Slice-of-Life-Momente bieten nette Abwechslung mit Dixieland, Rhythm and Blues, Boogie Woogie, und einmal vernimmt man etwas, was verdammt nach "Tea for Two" klingt.
Daß die Aktionen der Bösen scheitern, hat letztlich seinen Grund darin, daß es in diesem Höllenreich zugeht wie eigentlich in jeder Volkspartei: zünftig intrigant, arschkriecherisch, selten projektorientiert. Demgegenüber wird auf Seiten der Guten sehr penetrant Einheit und Gemeinschaftssinn beschworen (wir sind immerhin in Japan!), da schert es auch keinen, wenn auf einmal viele Gute gegen einen Bösen stehen. Am Ende siegt die vereinte Kraft von Glaube, Hoffnung, Liebe – und natürlich: Freundschaft. Was auch immerzu in diesen ewigen Softballmatches thematisiert wird, wenn es heißt:
nepa gibapu ("never give up!").
Während des gesamten Animes spielt der Faktor
Humor leider eine nachrangige Rolle. Denn der ist doch eher altersgerecht und anspruchslos. Wenngleich nicht unsympathisch. Im ganzen kann ich mich zwar nur an drei gelungene Pointen erinnern; – aber was ich wirklich herzig fand und mich sehr gefreut hat, war Folge 37 mit dem Schulfest. Die Art, wie hier gezeigt wurde, daß im Gegensatz zu anderen Animes alles sehr improvisiert und sehr unvollkommen abläuft, wie mit viel gutem Willen, aber wenig handwerklicher Ahnung herumgeschustert wird, das hatte doch so seinen eigenen, erfrischenden Humor. Ein
Bunkasai als Ode an den Dilettantismus.
Auf geheimnisvolle Weise faszinierend fand ich außerdem
Mai, die
ebenfalls mein Lieblingcharakter dieser Serie ist. Sie hat etwas Ätherisches, eine serene Leichtigkeit, die schwer in Worte zu fassen ist. Außerdem mag ich Charaktere, die ihre künstlerische Ader ausleben dürfen.
Diese Serie ist eine absolute Empfehlung für Leute, die gerade eine geistige Diät brauchen. Und die auch vor Inkonsistenzen aller Art kombiniert mit Klischeehaftigkeiten aller Art nicht zurückschrecken. Ansprüche an Realismus und Logik sollte man eher nicht stellen, sondern sich erfreuen am Konzept
Wiederherstellungspunkt, denn zu Beginn einer jeden Kampfszene wird für den Zuschauer unbemerkt ein Backup der näheren Gegend gezogen, das nach Beendigung der ganzen Sauerei wieder eingespielt wird. Furchtbar generisch, das alles, furchtbar klischeegetränkt, Spaß gemacht hat's aber trotzdem!
Beitrag wurde zuletzt am 13.06.2021 04:31 geändert.