Genauso wie beim ruhigen, nachdenklichen und qualitativ höchstwertigen »Mushishi« gibt es auch hier seltsames, übernatürliches Gewusel, das einen unschönen, ungewollten Effekt auf Menschen hat – natürlich immer ein anderer Effekt, sonst wär’s ja langweilig. Die am ehesten als Geister bezeichneten Kai lösen vor allem körperliche Veränderungen aus. Diese Veränderungen, die auch als »mysteriöse Krankheiten« bezeichnet werden, sind eher auf der kulinarischen* Seite angesiedelt, so verwandelt sich beispielsweise der Penis eines Mannes in eine Fischpastete. Protagonist Ramune ist ein Spezialist in solchen Dingen – in mysteriösen Krankheiten, nicht in Penissen – und behandelt seine Patienten mithilfe von »mysteriösen Items«, einer Packung Menschenkenntnis sowie der Durchforstung der Lebensumstände seiner Patienten, denn wie zu erwarten liegt dort des Problems Lösung, da der Ursprung der Krankheiten zumeist in psychischem Stress liegt.
*Ramune? Ist das der Grund dafür, dass dieser Anime so heißt? Der Protagonist ist etwas bubbly, aber sonst …?
Das war’s dann auch schon mit »Mushishi«-ähnlichen Storyelementen. Die Verwirklichung dieser Storyelemente geht in eine etwas komödiantischere Richtung, was man schon anhand des Covers erkennt. Was möchte uns dieses Cover sagen? Ein Gebetsperlen tragender Blondi, ein Torii im Hintergrund, ein Schürze tragender Nebencharakter, ganz viele leuchtende Regenbogenfarben … Die Auswahl dieses wenig aussagekräftigen und einhörnig-fröhlichen Covers scheint wohl einen nicht unwesentlich Teil dazu beigetragen zu haben, dass nur so wenige User diesen eigentlich ganz ansprechenden Anime auf ihrem Radar haben/hatten. Dennoch kann man sich dadurch irgendwie darauf einstellen, dass der Anime bunt werden könnte. Und das tut er auch, insbesondere bei der Geschichte des exzentrischen Shun Aona, der in seiner ganz eigenen Welt zu leben scheint.
Wie bei einem solchen Format zu erwarten ist, besitzt der Anime einen episodischen Aufbau. Inmitten der hier erzählten Geschichten ist ein roter Faden, der gewisse Elemente miteinander vereint und diese dann in eine bestimmte Richtung führt, so gut wie nicht auszumachen – bestenfalls durch leichte Anzeichen einer Charakterentwicklung. So kommt es in der zweiten Hälfte zu einem kleinen Drama Ramune betreffend, der sonst so abgeklärt, wenn auch wie das Comic Relief seines eigenen, nach ihm benannten Animes wirkt.
Ramune dreht seinen Patienten zwar immer wieder seine originellen mysteriösen Items an, hat aber immer einen bestimmten Plan im Hinterkopf, denn jeder Patient muss selbst erkennen, was der Grund für seine Erkrankung ist. Selbstreflexion und anschließende Eigeninitiative – das ist die wahre Medizin, um sich der Kai zu entledigen. Neben Ramune wirkt hauptsächlich Ramunes Assistent Kuro bei der Behandlung der Patienten mit. Er agiert weitaus öfter mit den Patienten. Er kann ihnen im Gegensatz zu Ramune zwar keine aktive Hilfe anbieten, lässt sie jedoch den wahren Grund ihrer Erkrankung erkennen. Er mag im ersten Moment vielleicht etwas emotionslos wirken, blüht jedoch gegen Ende, wenn man ihm eine Doppelfolge spendiert, so richtig auf. Er ist der nötige ruhige und bodenständige Gegenpart zu dem lauten Spaßvogel Ramune, der trotz seines guten Herzens Anflüge von aufgesetztem übermäßigen Selbstvertrauen besitzt.
Etwas professionellere Hilfe bekommt Ramune von Ayame und Nico, den Besitzern des Ladens »Akatsuki«, aus dem die ganzen schicken mysteriösen Items stammen, beispielsweise das Papierauge, das Penis umwickelnde Tuch**, die Spitze eines breitblättrigen Rohrkolbens , die Nachflüsterperlen oder der mysteriöse Geldbeutel. Ayame und Nico sorgen auch für etwas Abwechslung, genauso wie die Geschichte eines Einbrechers, der ein mysteriöses Item für kriminelle Zwecke verwendet, oder das unerwartete Auftauchen von Ramunes ehemaligen Meister Momiji, der eine sadistische Ader zu besitzen scheint, sieht man sich den vor Angst zitternden Ramune an.
**kein offizieller Name
Die mysteriösen Krankheiten haben wie gesagt vorwiegend etwas mit Essen zu tun – ein Konzept, das womöglich kein Konzept sein könnte, nimmt man den Manga zur Hand. Dort wurde beispielsweise die Komparsin Yumi ebenfalls von einer dieser Krankheiten befallen und hat Geta-Füße bekommen. Doch auch im Anime tritt ein kalorienarmer Fall ein, wenn die Vergangenheit von Kuro, der schwarzen Sand erbrochen hat, ergründet wird.
Wem »Mushishi« zu ruhig ist und wer ähnliche Geistergeschichten mit einer angenehmen Mischung aus Comedy und Drama sucht, wie sie es beispielsweise bei »Natsume Yuujinchou« gibt, der könnte hier fündig werden. Romance gibt es hier übrigens keine. Aber ich bin mir sicher, dass die Episode mit dem Fischpasteten-Penis eine neue Inspirationsquelle für den einen oder anderen Hentai-Produzenten sein könnte …
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