SabriSonneRedakteur
#1„86“ war eine dieser Serien, die ich aus der Season wirklich anschauen wollte (normalerweise entscheide ich mich eher spontan^^), und was soll ich sagen…
Am besten könnte man es vielleicht so ausdrücken: das finale Fazit wird extrem unterschiedlich ausfallen, je nachdem, WANN man sie in seiner Animekarriere anschaut.
Zur Handlung
Was meine ich mit diesem Satz?
Ich habe mit „86“ so meine Probleme gehabt. Jede Woche habe ich neu bewertet; sollen es nun 3,5 oder doch nur 3 Sterne sein?! Und der Grund dafür ist relativ einfach.
„86“ macht nichts Neues – so gar nichts!
Wer wie ich schon seit Jahrzehnten Anime schaut, auf die 1.000 Serien zugeht und ein Fable für Mecha hat, der wird von der Plakativität der Thematik in „86“ beinahe wie mit einem Zaunpfahl erschlagen.
Die Handlung ist perse nicht schlecht, und v.a. in Sachen Emotionen kann die Serie gut punkten, doch es ist alles viel zu offensichtlich. Und das nicht mal in dem Sinne, dass die Storyline vorhersehbar wäre (was sie aber in gewisser Weise auch ist), sondern eher deswegen, dass man das Gefühl bekommt, alles passiert nur, um dir am Ende diese emotionale Sterbethematik immer wieder ins Gesicht zu schlagen.
Bei so vielen Szenen hatte ich das Gefühl, dass die wirklich nur dafür da sind, um eine spätere emotionale Szene gekünstelt noch emotionaler zu machen. Und das wirkte auf mich in einer grotesken Weise beinahe unsympathisch, weil ich somit nicht nur die Handlung vorhersehen, nein, sogar meine eigenen, kommenden Emotionen vorhersehen konnte. Und irgendwann war ich davon echt genervt!
„86“ versucht auf eine dermaßen plakative Art diese „Familie“ aus Soldaten aufzubauen, nur um sie dann immer wieder mit absolut erwarteten Schicksalsschlägen zu konfrontieren, dass es mir wirklich irgendwann zum Hals raus hing. Da fühlt man sich beinahe wie „Shingeki no Kyojin", das ebenfalls in vielen Folgen zahllose Figuren für den Zuschauer schmackhaft und sympathisch machen wollte, nur um sie dann noch in der gleichen Folge als Kanonfutter vor die Hunde (oder besser Titanen^^) zu werfen. Und es tut mir Leid, für mich funktioniert der emotionale Bezug so nicht!
Nichts desto trotz hat die Handlung eine tolle Gesamtthematik, auch wenn sie nicht neu ist. Rassismus, Rassentrennung und das Aufopfern der Kleinen für die Großen. Über die Charaktere und ihre persönlichen Erfahrungen mit allen Thematiken fand ich die Darstellung sämtlicher Aspekte sehr gelungen und facettenreich. Klar sind viele Figuren in ihren Standpunkten festgefahren, leider auch oft ZU festgefahren, aber dadurch bieten sich an vielen Punkten der Geschichte angenehme, interessante und aufschlussreiche Diskussionen.
Die Kämpfe waren optisch naja, dennoch wirken sie bombastisch und einschüchternd, was in der Thematik noch einmal zusätzlich positiv wirkt. Viele Kampfausgänge waren mir zwar zu plakativ und zu „das musste jetzt für diesen Charakter unbedingt sein“, nichts desto trotz reicht an einigen Stellen, v.a. bei den häufiger auftauchenden Personen, der Grad an Emotionalität vollkommen aus.
Besonders angenehm fand ich hier die Darstellung der Kämpfe für die beiden Seiten (Soldaten, Elite): für die Elite und die Offiziere wirkt es eher wie ein Videospiel, auf dem Icons durch die Gegend huschen und auch mal welche verschwinden, während draußen auf dem Schlachtfeld der tatsächliche Kampf um Leben und Tod stattfindet. Ein sehr schöner Kontrast, der noch einmal zusätzlich die unterschiedlichen Meinungen und Standpunkte darstellt und vertieft. Die Elite kennt die Kämpfe nicht anders, für sie sind die Soldaten „austauschbare Icons“ – kann man ihnen dann ihre Sicht auf die Dinge tatsächlich übel nehmen?
Die Geschichten unserer beiden Hauptfiguren Lena und Shin fand ich sehr unterschiedlich und damit für ein breites Publikum gut geeignet. Shins Geschichte war im Endeffekt für mich mehr heiße Luft als tatsächlich spannend und auch die Auflösung seines Charakters war für mich nicht wirklich interessant, weil sie zu erwarten war und auch genauso verlief wie es zu erwarten war. Ebenso verlief auch seine Charakterentwicklung. Einfach klassisch.
Wer mich tatsächlich immer wieder vom Abbrechen abgehalten hatte, war Lena. Ich hätte nicht erwartet, dass mir ihre Figur und die mit ihr verbundenen Emotionen und Storyelemente so gut gefallen würden. Sie ist für mich storytechnisch die so ziemlich wichtigste Stütze und vereint in ihrer Figur so ziemlich beide Welt perfekt. Das macht das Gesamterlebnis im Hinblick auf die Story wirklich gelungen.
zu den Charakteren
Wie bereits gesagt, enttäuschte für mich Shin etwas. Das ging für mich schon am Anfang los, weil sich die Serie nicht klar dafür entscheidet, ob sie aus Shin nun den „Lone Wolf“ oder den „kameradschaftlichen Anführer“ machen wollte. Für mich sind das zwei unterschiedliche Charaktertypen, weil der „Lone Wolf“ einfach keine kameradschaftlichen Eigenschaften hat und für sich arbeitet. Somit konnte ich Shin schon zu Beginn nicht richtig als Figur greifen. Seine Geschichte war okay, enttäuschte aber im Endeffekt, da „86“ einem dies als „Non-Plus-Ultra“ verkauft, was sie dann aber nicht ist. Man erwartet einfach deutlich mehr, vom Mysterium, vom Beweggrund, von der Emotion.
Die anderen Soldaten des Bezirks sind typische Standardfiguren in Standardkonstellationen und Standardsituationen. Wie gesagt, versucht der Anime auf krampfhafte und plakative Weise uns diese Figuren als Zuschauer auf „Teufel komm raus“ sympathisch zu machen, damit wir mehr mitfühlen, sollte ihnen etwas zustoßen. Bei mir hatte es nur leider genau den gegenteiligen Effekt, weil für mich dadurch zu offensichtlich wurde, DASS ihnen etwas zustoßen wird. Wie gesagt, da wird einem nicht nur der Zaunpfahl sondern gleich der ganze Zaun ins Gesicht geschlagen.
Ebenso konnte ich die allgemeine Aufopferungsbereitschaft dieser Figuren kaum nachvollziehen. Warum für eine Elite das eigene Leben auf’s Spiel setzen? Für das eigene Leben gerne, das ist auch für uns behütete Zuschauer nachvollziehbar, aber warum soll ich den Kampf ziehen, nur weil mir jemand am anderen Ende einer Funkverbindung das sagt?!
Charakterliche Rettung war für mich deswegen eindeutig Lena. Ihre Emotionen sind echt, v.a. als sie merkt, dass hinter ihren Icons auf dem Interface tatsächliche Menschen versteckt sind. Ihre „Revolution im System“ kam zwar zu erwarten, dadurch dass sie aber eine sehr plausible Charakterentwicklung vollzieht, passt es gut ins Gesamtkonzept und macht ihre Figur umso sympathischer.
Ebenso sympathisch fand ich, dass sie bis zu Letzt auf Granit gebissen hat. In vielen anderen Serien werden solche Figuren zum Helden einer Bewegung, die sich plötzlich verselbstständigt und beinahe eine idealisierte Form der Revolution vorlebt. In „86“ sehen wir aber, dass das nicht automatisch der Fall ist, was mir wirklich sehr gut gefallen hat.
Fazit
„86“ ist keine schlechte Serie aus dem Bereich Mecha.
Aber meiner Meinung nach hängt die finale Bewertung extrem davon ab, wie viele Animeserien man selbst schon gesehen hat: ist man der blutige Anfänger und neu im Genre, wird man sicherlich positiv überrascht sein, wie tiefgründig und emotional ein Anime (trotz Vorurteile als Kinderserien) tatsächlich sein kann. Schaut man aber schon seit Jahren, wird man sich vielleicht sagen: „Die Serie hätte so auch schon vor 10 Jahren kommen können“ – und kam vielleicht auch schon so.
Für mich hat sich die Serie v.a. durch ihre wirklich schön gestalteten und endlich mal tatsächlich emotionalen letzten 5 Minuten gerettet, die in mir endlich dieses positiv warme Gefühl von Nostalgie und Verlust ausgelöst haben, auf das ich so lange gewartet habe. Ansonsten sprach mich die Serie emotional null an!
Deswegen heute zwei Bilder, eines für die langjährigen Gucker, das andere für die, die sicherlich von der Tiefgründigkeit von Animes überrascht sein dürften.
Beitrag wurde zuletzt am 16.10.2021 10:29 geändert.
Kommentare
Auch wenn der Anime richtig gut hätte werden können, und für Anime-Fans die noch nicht viele Animes gesehen haben wohl auch ist, störe ich mich persönlich an den gewaltigen Logiklücken dermaßen das ich den Anime nicht genießen konnte. Es gab sehr viele kleine Logiklücken, aber auch ein paar fundamentale die die ganze Prämisse des Animes zu Fall bringen. Ich werde keine detaillierten Handlungsstränge erzählen, aber manche empfinden das nachfolgende vielleicht trotzdem als Spoiler, daher die Warnung:
86er in Mechs verheizen macht keinen Sinn! Aus folgenden Gründen:
1. Die 86er Piloten können den AI gesteuerten Gegnereinheiten nicht wie dargestellt überlegen sein. Wer schonmal gegen jemanden gespielt hat der einen Aimbot nutzt weiß, AI Reflexe sind menschlichen Reflexen haushoch überlegen.
2. Man könnte selber AI nutzen. Wer behauptet dies würde nicht gemacht werden weil die AI Streitkräfte des Empire einen Aufstandgemacht haben den frage ich, warum ist dann der Unterstützungsroboter ein AI? Und selbst wenn man nicht AI nutzen möchte, es ist eindeutig die Technologie zur Gedankenübertragung vorhanden. Ferngesteuerte Einheiten wären also durchaus möglich. Und dadurch könnte man sogar die Herrscherrasse im Militär haben ohne das Risiko von Verlusten, denn
3. die 86 könnten ihre "Herren" dem Empire AI zum Fraß vorwerfen. Nichts hindert sie daran einfach zu fliehen. Im Anime wird diese Option mit absolut bodenloser Argumentation versucht zu beseitigen: "Wo sollen wir hinrennen".... die Antwort ist einfach. IN IRGENDEIN NACHBARLAND!!! In einer anderen Scene werden Nachbarländer sogar referenziert, dies wär also durchaus eine Option.
4. Es ist unrealistisch das die 86er keine Rache nehmen wollen. Diese könnten sie sowohl durch Flucht, als auch riskante Gegenangriffe gegen die Albianer bekommen.
Punkt Nr. 5 ist definitiv ein Spoiler.
5. Die erfahrensten Soldaten in Himmelfahrtskommandos zu packen ist der Gipfel der Dummheit. Wenn ihr schon alle 86er verheizt habt bis auf die Kleinkinder und Senioren, und ihr laut eurer eigenen Rechnung immernoch knapp 2 Jahre durchhalten müsst, dann sollte alles dran gehängt werden fähhige Soldaten UND DEREN EQUIPMENT zu erhalten. Stattdessen werden diese in Suizidmissionen hingerichtet. Hier ist eine radikale Idee. Wie wäre es wenn ihr kein 5 Jahres Limit festlegt sondern sagt "Sobald der Feind besiegt ist wird man mit ner saftigen Pension und vollen Bürgerrechten entlassen".
Andere Große Logiklücken wären:
- Warum unternehmen die anderen Länder nichts?
- Wenn die Mörser so mächtig sind, warum werden die nicht mehr eingesetzt?
- Wann, in der Geschichte der Menschheit, haben sich gesamte Menschengruppen all ihrer Rechte berauben lassen und sind ohne Aufstand zu willigen patriotischen Soldaten geworden?
- Warum bekommt unsere weißhaarige Heldin NIEMALS eine Strafe? Egal wie sehr sie gegen den Willen des totalitären Regimes geht? Wenn sie die Nichte eines Chinesischen Generals wäre könnte sie sich sowas nicht erlauben. Da würde sie sofort verschwinden oder es würde an ihr sogar ein Exempel statuiert werden.
- Wie können diese Kindersoldaten so ausgeglichen und entspannt sein. Wenn Menschen jahrelang in so einen Fleischwolf gesteckt werden sind deren Psyche ein Abenteuerland für jeden Psychologen. Aber gewiss nicht eine Gruppe die an die Schüler einer Oberschule auf Klassenfahrt erinnert.
- Und dafür das Romantik so sehr im Vordergund steht sind die Charaktäre extrem Prüde. Man muss nur 2 Leute sehen die sich BEINAHE küssen und schon wird man rot und kriegt beinahe einen Herzstillstand vor Schock... da sind die durchschnittlichen 12-Jährigen abgehärteter....
Lange Rede, kurzer Sinn....
Fazit: Der Anime hat gut angefangen, wenn aber das Fundament nichts daugt stürzt auch das hübscheste darauf gebaute Haus in sich zusammen. Die Grundpremisse ist reiner Unfug, daher sträubt sich in mir alles wenn die Charaktäre mal wieder so einen Blödsinn sagen wie sinngemäß "Wenn ich schon sterben muss, dann kann ich mich auch für denjenigen Opfern der mir das alles angetan hat".
A-1 Pictures gelingt es dabei durch seine nicht lineare Umsetzung den Spannungsbogen immer wieder straff zu halten. Anders als bei vielen Umsetzungen geht das Studio nicht hin und erzählt die Geschichte Kapitel für Kapitel. Stattdessen wird wie mit einem Skalpell die Geschichte aufgeschnitten und neu angeordnet. Dadurch wird der Informationsfluss für den Zuschauer stärker reguliert und überhaupt erst der stetige Wechsel zwischen der Front und dem Hauptquartier möglich. Dem Studio gelingt es dadurch eine viel bessere dramatische Zuspitzung zu erlangen mit jeder Episode als der Light Novel. Aber es wird auch mehr Aufmerksamkeit vom Zuschauer gefordert.
Der Zuschauer erlebt oft den selben Zeitraum von den zwei Standorten und bekommt mal direkt durch Worte, mal nur durch Bilder und Stilmittel die Tragweite der Ereignisse mitgeteilt.
Eighty-Six ist wirklich ein interessantes Kriegs-Drama in das extrem viel extra Arbeit und Liebe reingesteckt wurde. Achtet nur einfach einmal auf den enormen Detailgrad. Jedes Stück Text oder Dokument ist so detailliert, dass ihr sie lesen könnt und sie sind in lupenreinem Englisch.
Vielen Dank für diese viele Arbeit. Als Leser der Light-Novel war dieser Anime eine extrem große Freude bisher.
Auch sehr empfehlenswert ist die Recap-Episode. Vor allem vor dem Start der zweiten Hälfte dann.
Folgende Sprecher/innen sind schon angekündigt:
Source: Crunchyroll stellt die Starttermine und Stimmen der neuen Express Dubs vor!