AsaneRedakteur
#1Nichtsahnend und gedankenverloren schlendert die 19-jährige Aoi Tsubaki auf dem Weg zur Uni an einem Park vorbei und wird von dem auffällig unscheinbar dasitzenden Ayakashi "Oodanna" unversehens in dessen "verborgene Welt" ge-isekai-t. Dort erlebt sie allerhand spannende Abenteuer und muss sich als Fremdling unter schwierigen Bedingungen bewähren.
Owari.
So einfach und unspektakulär sich diese Prämisse gibt, schafft man es doch, einen interessanten, spannenden und vor allem anständigen 2-cour-Anime auf die Beine zu stellen, der einige unerwartete Vorzüge aufbietet. Zum einen, was das 'anständig' betrifft: Abgesehen von ein paar harmlosen Neckereien ist diese Show frei von Fanservice. Obwohl es so einige Figuren gibt, die das hergeben würden. Von Kemonomimi bis zu knuddeligen Ayakashi-Tierchen in Menschengestalt (leider wird meine Schwäche für Tanuki etwas stiefmütterlich bedient) ist eigentlich alles dabei.
Zum anderen merkt man recht schnell, daß nicht irgendwelche Action, dunkle Mysterien, farbenprächtige Magieschlachten oder andere Äußerlichkeiten den Anime prägen, sondern die Charaktere selber und ihr wechselvolles Innenleben; vor allem natürlich Aoi und ihr näheres Umfeld, wie sie sich beschnuppern und allmählich zueinander finden. Und das alles auf angenehm glaubwürdige und, bei aller Voreingenommenheit, sympathische Art – auch wenn der Zuschauer selber mit einigen sich seltsam verhaltenden Figuren erstmal ein wenig fremdelt.
Macht aber nix. Schließlich hat so ziemlich jeder seine Gründe, warum er sich so verhält, und daher wird auch jede Figur für den Zuschauer nachvollziehbar und am Ende auch sympathisch. Naja, meistens. Den Quoten-Bösewicht gibt's natürlich auch, später im Verlauf der Story, und er gibt sich wie üblich betont nobel und überlegen, pflegt liebevoll die standardmäßige kalkuliert-gönnerhafte Redeweise der feinsinnigen Aristokratie und ist damit vor allem eines: langweilig.
Eine dramatische und bedeutungsschwere Eröffnung führt sowohl in die verborgene Welt der Ayakashi ein als auch in die dunkle, traumatische Urkatastrophe in Aois Kindheit, die sich wie ein Leitmotiv durch die Serie zieht. Da ist es echt ein Glück, daß diese Welt so sehr der Menschenwelt ähnelt, mit den gleichen Problemen und Zwängen, mit den gleichen Charakterzügen und Verhaltensweisen: bei Ayakashi wie bei Menschen.
Bald findet Aoi ihren Platz in dieser Gesellschaft und wie nebenbei ihre wahre Bestimmung. Die mehr oder weniger darin liegt, Menschen und Ayakashi aus allen Teilreichen jener Welt glücklich zu machen. Nämlich indem sie alles, was Rang und Namen hat, strategisch bekocht. Gleich zu Beginn ihrer andersweltlichen Tätigkeit erhält sie so die schöne Gelegenheit, die Oni-Küche um einige besonders traditionelle Gerichte zu bereichern wie z.B. オムライス – also jenes unvermeidliche Reisomelett, das zum Grundinventar eines jeden Animes gehört. Wie üblich in Japan ist diese Show also mal wieder eher eine verkappte Kochsendung als ein Charakter-getriebener Adventure-Anime.
Was die Entwicklung der Story angeht, ist es oft so, daß anhand einiger kleinerer Probleme und viel Slice of Life langsam in die Geschichte eingeführt wird, um dann, nach einem dramatischen Umschlag, auf das zuzusteuern, worum es eigentlich geht. Das macht man hier etwas anders, subtiler nämlich.
Die Schwierigkeiten, die sich Aoi in den Weg stellen, steigern sich langsam, aber unmerklich, die gesellschaftlichen und politischen Verwicklungen nehmen allmählich immer mehr Raum ein, ohne daß irgendwas gepusht wirkt und ohne daß eine Wende mit einem großen Paukenschlag eingeleitet würde. Man hat zwar öfter mal Teilentwicklungen, die narrativ fragwürdig geraten sind (da nach einem zu offensichtlichen pädagogischen Bauplan entworfen), aber im Ganzen ist das alles sehr schlüssig erzählt.
Klar, wenn etwas nicht so recht weitergeht, hilft immer Magie, und wenn es um alles geht, exististiert auch in dieser Welt das Prinzip Deus ex machina; aber es hat den Vorteil und den Charme, daß man dabei die Charaktere nicht verbiegt. Auch wenn das Grande Finale sehr bilderbuchmäßig kitschig geraten ist (Ideal siegt über Glaubwürdigkeit), greift das den überwiegend positiven Gesamteindruck dieser Serie nicht an. Per aspera ad astra, mit einigen offenen Fragen, die gerne unbeantwortet bleiben können.
Der Anime verströmt eine wohltuende, warme Zeitlosigkeit einer dunkel-geheimnisvollen Welt, die bevölkert wird von sympathischen Charakteren von herzlicher Kindlichkeit bis zu eigenwillig-schrägen Gestalten, wie sie in Animes gang und gäbe sind. Nicht nur recht menschliche und menschenähnlich Züge weisen die Ayakashi auf, auch sehr animetypische Besonderheiten werden gepflegt wie die allüberall auf die Nasenwurzel fallende Stirnsträhne bei gut & gerne der Hälfte der Protagonisten. Das Standardrezept speziell für männliches Moe. Siehe SAO.
Der Humor in dieser Serie ist anständig im besten Sinne, entwickelt sich ganz natürlich aus den aufeinanderprallenden Charaktereigenschaften – und manchmal spielt auch die Phantasie des Zuschauers ihre eigenen Streiche. Zum Beispiel als Aoi den zusammengebrochenen Ginji füttert: Auf seine natürliche Fuchsform zurückgeworfen, findet er allmählich wieder zu seiner menschlichen Gestalt zurück, die Öhrchen richten sich auf, seine neun Schwänze ebenfalls und – wer weiß, wer weiß – vielleicht noch ein zehnter …
Musikalisch bietet man das, was bei solch einem Setting zu erwarten ist, d.h. viel sparsam instrumentierte Begleitmusik mit viel traditionellen Instrumenten: Shakuhachi, Koto, Shamisen. Und Trommeln aller Art.
Die klassisch gehaltenen Einlagen geben sich kammermusikalisch, gern mit einzelnen Blasinstrumenten (Oboe, Klarinette, Fagott) in Dezimparallelen.
Ansonsten leistet man sich eine schier unüberschaubare Schwemme an unterschiedlichsten Openings und Endings, die dennoch stilistisch recht einheitlich geraten sind.
Die Animationen und die Hintergründe tragen die Atmosphäre perfekt, kleinere Unstimmigkeiten kann man wohlwollend als künstlerische Freiheiten abtun, ohne daß dies den Gesamteindruck trüben würde. Das Cover dieser Serie lügt nicht: Wer mit Hanasaku Iroha warm geworden ist und noch einen Schuss Chihiro erwartet, wird von »Kakuriyo no Yadomeshi« wahrscheinlich nicht enttäuscht. Auch wenn manche dramatische Entwicklung stellenweise etwas zu dick aufgetragen ist und die Luftschiffe mit etwas zu viel CGI unterwegs sind, fällt der Anime immer mal wieder und gerade bei scheinbar unnahbaren Gesellen bruchlos in kindliche Warmherzigkeit zurück.
Owari.
So einfach und unspektakulär sich diese Prämisse gibt, schafft man es doch, einen interessanten, spannenden und vor allem anständigen 2-cour-Anime auf die Beine zu stellen, der einige unerwartete Vorzüge aufbietet. Zum einen, was das 'anständig' betrifft: Abgesehen von ein paar harmlosen Neckereien ist diese Show frei von Fanservice. Obwohl es so einige Figuren gibt, die das hergeben würden. Von Kemonomimi bis zu knuddeligen Ayakashi-Tierchen in Menschengestalt (leider wird meine Schwäche für Tanuki etwas stiefmütterlich bedient) ist eigentlich alles dabei.
Zum anderen merkt man recht schnell, daß nicht irgendwelche Action, dunkle Mysterien, farbenprächtige Magieschlachten oder andere Äußerlichkeiten den Anime prägen, sondern die Charaktere selber und ihr wechselvolles Innenleben; vor allem natürlich Aoi und ihr näheres Umfeld, wie sie sich beschnuppern und allmählich zueinander finden. Und das alles auf angenehm glaubwürdige und, bei aller Voreingenommenheit, sympathische Art – auch wenn der Zuschauer selber mit einigen sich seltsam verhaltenden Figuren erstmal ein wenig fremdelt.
Macht aber nix. Schließlich hat so ziemlich jeder seine Gründe, warum er sich so verhält, und daher wird auch jede Figur für den Zuschauer nachvollziehbar und am Ende auch sympathisch. Naja, meistens. Den Quoten-Bösewicht gibt's natürlich auch, später im Verlauf der Story, und er gibt sich wie üblich betont nobel und überlegen, pflegt liebevoll die standardmäßige kalkuliert-gönnerhafte Redeweise der feinsinnigen Aristokratie und ist damit vor allem eines: langweilig.
Eine dramatische und bedeutungsschwere Eröffnung führt sowohl in die verborgene Welt der Ayakashi ein als auch in die dunkle, traumatische Urkatastrophe in Aois Kindheit, die sich wie ein Leitmotiv durch die Serie zieht. Da ist es echt ein Glück, daß diese Welt so sehr der Menschenwelt ähnelt, mit den gleichen Problemen und Zwängen, mit den gleichen Charakterzügen und Verhaltensweisen: bei Ayakashi wie bei Menschen.
Bald findet Aoi ihren Platz in dieser Gesellschaft und wie nebenbei ihre wahre Bestimmung. Die mehr oder weniger darin liegt, Menschen und Ayakashi aus allen Teilreichen jener Welt glücklich zu machen. Nämlich indem sie alles, was Rang und Namen hat, strategisch bekocht. Gleich zu Beginn ihrer andersweltlichen Tätigkeit erhält sie so die schöne Gelegenheit, die Oni-Küche um einige besonders traditionelle Gerichte zu bereichern wie z.B. オムライス – also jenes unvermeidliche Reisomelett, das zum Grundinventar eines jeden Animes gehört. Wie üblich in Japan ist diese Show also mal wieder eher eine verkappte Kochsendung als ein Charakter-getriebener Adventure-Anime.
Was die Entwicklung der Story angeht, ist es oft so, daß anhand einiger kleinerer Probleme und viel Slice of Life langsam in die Geschichte eingeführt wird, um dann, nach einem dramatischen Umschlag, auf das zuzusteuern, worum es eigentlich geht. Das macht man hier etwas anders, subtiler nämlich.
Die Schwierigkeiten, die sich Aoi in den Weg stellen, steigern sich langsam, aber unmerklich, die gesellschaftlichen und politischen Verwicklungen nehmen allmählich immer mehr Raum ein, ohne daß irgendwas gepusht wirkt und ohne daß eine Wende mit einem großen Paukenschlag eingeleitet würde. Man hat zwar öfter mal Teilentwicklungen, die narrativ fragwürdig geraten sind (da nach einem zu offensichtlichen pädagogischen Bauplan entworfen), aber im Ganzen ist das alles sehr schlüssig erzählt.
Klar, wenn etwas nicht so recht weitergeht, hilft immer Magie, und wenn es um alles geht, exististiert auch in dieser Welt das Prinzip Deus ex machina; aber es hat den Vorteil und den Charme, daß man dabei die Charaktere nicht verbiegt. Auch wenn das Grande Finale sehr bilderbuchmäßig kitschig geraten ist (Ideal siegt über Glaubwürdigkeit), greift das den überwiegend positiven Gesamteindruck dieser Serie nicht an. Per aspera ad astra, mit einigen offenen Fragen, die gerne unbeantwortet bleiben können.
Der Anime verströmt eine wohltuende, warme Zeitlosigkeit einer dunkel-geheimnisvollen Welt, die bevölkert wird von sympathischen Charakteren von herzlicher Kindlichkeit bis zu eigenwillig-schrägen Gestalten, wie sie in Animes gang und gäbe sind. Nicht nur recht menschliche und menschenähnlich Züge weisen die Ayakashi auf, auch sehr animetypische Besonderheiten werden gepflegt wie die allüberall auf die Nasenwurzel fallende Stirnsträhne bei gut & gerne der Hälfte der Protagonisten. Das Standardrezept speziell für männliches Moe. Siehe SAO.
Der Humor in dieser Serie ist anständig im besten Sinne, entwickelt sich ganz natürlich aus den aufeinanderprallenden Charaktereigenschaften – und manchmal spielt auch die Phantasie des Zuschauers ihre eigenen Streiche. Zum Beispiel als Aoi den zusammengebrochenen Ginji füttert: Auf seine natürliche Fuchsform zurückgeworfen, findet er allmählich wieder zu seiner menschlichen Gestalt zurück, die Öhrchen richten sich auf, seine neun Schwänze ebenfalls und – wer weiß, wer weiß – vielleicht noch ein zehnter …
Musikalisch bietet man das, was bei solch einem Setting zu erwarten ist, d.h. viel sparsam instrumentierte Begleitmusik mit viel traditionellen Instrumenten: Shakuhachi, Koto, Shamisen. Und Trommeln aller Art.
Die klassisch gehaltenen Einlagen geben sich kammermusikalisch, gern mit einzelnen Blasinstrumenten (Oboe, Klarinette, Fagott) in Dezimparallelen.
Ansonsten leistet man sich eine schier unüberschaubare Schwemme an unterschiedlichsten Openings und Endings, die dennoch stilistisch recht einheitlich geraten sind.
Die Animationen und die Hintergründe tragen die Atmosphäre perfekt, kleinere Unstimmigkeiten kann man wohlwollend als künstlerische Freiheiten abtun, ohne daß dies den Gesamteindruck trüben würde. Das Cover dieser Serie lügt nicht: Wer mit Hanasaku Iroha warm geworden ist und noch einen Schuss Chihiro erwartet, wird von »Kakuriyo no Yadomeshi« wahrscheinlich nicht enttäuscht. Auch wenn manche dramatische Entwicklung stellenweise etwas zu dick aufgetragen ist und die Luftschiffe mit etwas zu viel CGI unterwegs sind, fällt der Anime immer mal wieder und gerade bei scheinbar unnahbaren Gesellen bruchlos in kindliche Warmherzigkeit zurück.
Beitrag wurde zuletzt am 28.04.2022 12:47 geändert.
Kommentare
Ich habe mich total in den Anime verliebt. Ich finde alle Charaktere sind auf ihre eigene Art und Weise besonders und die Welt, die im Anime erschaffen wurde, hat mich fasziniert. Ist natürlich alles Geschmacksache.
Was mich am Anfang gewundert hat war Oodannas Persönlichkeitswandel, aber vielleicht erschließt sich das im Laufe der Geschichte noch. Ich würde mich sehr über eine Staffel 2 freuen und brenne darauf die Englische Fortsetzung des Mangas zu lesen.