Dieser Kommentar wird sich mit beiden Seasons von Gate auseinandersetzen. Also Vorsicht für diejenigen, die die zweite noch nicht gesehen haben!
So so, nun ist also auch die zweite Season von „Gate“ durch. Ich persönlich habe die beiden Anime, in Hinsicht auf reines Entertainment, durchaus genossen. Ich will gleich sagen, dass ich die erste Staffel um einiges besser fand, als die neue, aber ich bin trotzdem recht zufrieden damit.
Doch dann stellte ich fest, dass ich bei jeder Episode so einen komischen Beigeschmack im Mund verspürte. Da ich zu diesem Zeitpunkt jedoch gerade Torte aß, als mir dieser Gedanke kam, wurde mir klar, dass es zwei Gründe dafür geben kann: 1. Die Torte, die ich gerade gestern gekauft habe, ist schlecht geworden, oder 2. Der Anime enthält etwas, was mich nicht in Ruhe lässt. Herausgestellt hat sich, dass es letzteres war. Der Kommentar von Oni geht teilweise darauf ein.
Doch bevor ich mich mit der Botschaft des Anime befasse, will ich ihn kurz wirklich nur als Anime bewerten. Eines vom anderen zu trennen ist zwar beinahe unmöglich, aber ich will es trotzdem versuchen.
Die Geschichte, die davon handelt, dass sich mitten in Ginza ein Tor in eine andere Welt öffnet, welches aberhunderte von Soldaten und Fatansiegeschöpfen ausspuckt, ist nicht neu, aber noch nicht so verbraucht, als dass ich sofort mit den Augen rollen und seufzten würde. Der Witz eines Otaku-Helden, der auch noch ein ausgebildeter Soldat ist, war echt was innovatives, und für den ersten Moment durchaus angenehm. Ebenso erschien die Vermischung von seriösen Kriegsgeschehen und dem alltäglichen Wahnsinn einer „RomCom“ nicht so abgestanden, wie die normalen Anime, die zurzeit rauskommen. Somit hatte man nicht nur interessante Action auf der einen, sondern Humor, und sogar sympathische Charaktere (allen voran Rory) auf der anderen Seite.
Rein als Anime kann ich mich nicht über Gate beschweren, er fährt mal eine etwas andere Schiene und es gelingt ihm anscheinend sehr gut die Ernsthaftigkeit und Grausamkeit des Krieges, durch den Witz, die Charaktere und die Abenteuer der Gruppe um Itami aufzuwiegen.
Kommen wir aber mal zu dem, was der Anime vermittelt, der, wie ich es nannte, „Botschaft“.
Seit ich die zweite Staffel begonnen habe, eher ab Folge drei oder vier sogar, habe ich die ganze Zeit ein Zitat von Shinzō Abe im Kopf, welches er bei seiner ersten Ernennung zum Premierminister Japans ausgesprochen hat: Wir brauchen die Globalisierung, um unsere Isolation zu festigen.
Ein Zitat, welches sich nur auf den ersten Blick widerspricht, und gerade die Quintessenz des Anime versinnbildlicht.
Doch gehen wir mal der Reihe nach:
Die Grundlage für die Intervention der japanischen „Selbstverteidigungkräfte“ war der beschriebene Angriff einer unbekannten Macht auf die Innenstadt Tokyos. Dass dies die Übersendung von Truppen auf die andere Seite des Gates rechtfertigt, nehmen wir einfach mal hin. Denn es ist logisch dies, zur Wahrung des Friedens und der Sicherheit, wie man so schön sagt, zu tun, um zu erfahren, wer, weshalb und wie im Stande war Japan zu attackieren.
Doch merken wir uns mal diesen Punkt, denn das wird die einzige Rechtfertigung für das Involvieren der japanischen Streitkräfte sein, bis dann Zorzal auftauchte, der dann eine perfekte Legitimation für das Vorgehen Japans darstellt.
Was stört mich also so ungeheuer an diesem Vorgehen? Es ist die, nicht einmal wirklich, unterschwellige positive Propaganda, die der japanischen Armee zufällt. Als „Selbstverteidigungskräfte“ wurde die japanische Armee dafür erschaffen Japan vor imminenten Gefahren zu verteidigen. Allerdings darf man nicht vergessen, dass noch vor dem Erscheinen der zweiten Season in Japan ein Gesetz verabschieden wurde, wonach die japanischen Streitkräfte nun auch im Ausland kämpfen dürfen.
Also Arnus ist besetzt, das Gate gesichert.
Warum mischt sich Japan in die Belange des „Imperiums“ ein? Und warum sucht Itami offiziell nach „Ressourcen“ in einem fremden Land?
Hier beginnt wieder die Diskussion inwieweit eine Gefahr, wie das „Imperium“, präventiv zu vernichten sei. Aber gehen wir mal davon aus, dass das „Imperium“ aggressiv gegenüber Japan eingestellt ist, was ja auch stimmt, und trotz der demonstrierten Übermacht vor hat weiterhin anzugreifen.
Aber was hat das alles mit den Ressourcen auf sich? Legitimiert die Attacke des „Imperiums“, dass nun alle Ressourcen, die aufgrund der fehlenden Technik des Landes unbrauchbar oder sogar unbekannt sind, von Japan gefunden und geborgen werden dürfen? Es ist doch offensichtlich, dass bei einer unabhängigen Entwicklung des Landes, sollte sich Japan also nicht entschließen es einzunehmen, die Ressourcen irgendwann überlebensnotwendig für eine weitere Entwicklung sein werden.
Das führt mich sogleich zum nächsten Punkt: Die propagierte Priorität der Ethik vor dem öffentlichen Ansehen. Nimmt der Anime echt an, dass ich ihm abkaufen würde, dass die hohen Politiker Japans das Wohl ihrer Soldaten und sogar der Opposition des „Imperiums“, welche für Friedenverhandlungen mit Japan sind, für wichtiger erachten, als ihr eigenes Ansehen? Nicht nur das. Sie ignorieren wohl zu diesem Zweck auch teilweise die möglichen negativen Folgen durch die Berichterstattung von Medien und Repräsentanten anderen Länder. Denn gerade diese befanden sich ja zum Zeitpunkt der „Operation“ in Arnus, und gerade eine mögliche medienübergreifende Kritik am Vorgehen der Armee war ja die größte Sorge des Premiers… und sie wurde absolut vergessen im Anime… denn die gesamte Operation wurde bis zum Schluss weder von den Medien, noch von den Repräsentanten der anderen Länder irgendwie kritisiert, oder auch nur erwähnt…okay…
Grundsätzlich erscheinen in „Gate“ sowohl die Opposition aus der Innenpolitik, ebenso wie die Regierung anderer Länder einfach nur „gemein“ und „böse“. Sie werden als inkompetente, schlicht negative Pessimisten und Sensationsjäger beschrieben, die sich keineswegs für die Belange ihres Landes, oder denen von Arnus, interessieren, sondern alles aus ihrem Selbstzweck tun. Die Regierung Japans hingegen ist da ganz altruistisch gestrickt.
Nicht nur das, Japan ist einfach human, ohne irgendeine Gegenleistung dafür zu verlangen, während die Regierungen der USA und China einfach nur raffgierig sind.
Doch dies steht im krassen Gegensatz zum Vorgehen der „Selbstverteidigungskräfte“. So haben wir zum einen die Jagd nach seltenen Tieren, wie dem Feuerdrachen, aus egozentrischen Überlegungen der Rache oder auch Angriffe innerhalb des Palastes auf angehörige der Königsfamilie aufgrund ihrer, für sie selbst vollkommen normalen und legitimen, Versklavung von Kriegsgefangenen. Zudem wird die einzige irgendwie demokratische Instanz, der Senat, vernichtet, um ein Exempel zu statuieren.
Es gibt einfach überhaupt keine Diskussion darüber, ob das Vorgehen Japans in irgendeiner Weise legitim ist. Oder ob die Oppositionellen des „Imperiums“ tatsächlich gut daran tun sich Japan anzuvertrauen. Es wird einfach angenommen, dass die japanische Armee moralisch und ethisch perfekt ist. Und Pina ist im Recht, wenn sie die Hilfe einer solchen Armee in Anspruch nimmt.
Dann wird aber zugleich versucht diese negativen Ausbrüche von „Imperialismus“, durch die vergleichsweise unbeschwerten Abenteuer von Itami (und seinen Mädels) zu kaschieren.
Doch damit fällt plötzlich der gesamte rote Faden in sich zusammen. Die Geschichte um Noriko spielt nach einer durchaus actionreichen Szene einfach keine Rolle mehr. Plötzlich versucht Zorzal aufgrund seiner fehlenden Selbstsicherheit und gleichzeitigen Selbstüberschätzung mit allen Mitteln (die nicht einmal wirklich gut eingeführt werden) Lelei zu töten. Nicht nur das, er vergisst wohl die Übermacht der japanischen Truppen, die er selbst persönlich miterlebt hat, und versucht aufgrund seines gekränkten Selbstwertgefühls diesen entgegenzutreten. Lelei begibt sich aus irgendeinem Grund zum Magisterexamen, ohne dass das irgendwie angekündigt wurde. Rory und Yao wollen den Tempel von Hardy besuchen, was jedoch nie geschieht, weil auf einmal dieser Blödsinn mit dem versuchten Attentat auf Lelei beginnt. Zuvor haben wir noch plötzlich das Erscheinen von Rorys Schwester, aus komplett seltsamen Gründen, die auch noch die gesamte Situation mit den Drachen erklären sollen. Dann aber ist das nur noch eine Nebensequenz, die nie wieder erwähnt wird.
Dann, nachdem die Gefangenahme von Prinzessin Pina bekannt wird, macht sich Itami auf sie zu retten. Dass er dabei gegen alle Befehle und ohne die (geheime) Berechtigung des Generalstabs und/oder der Regierung handelt, stört aber wohl keinen? Um ehrlich zu sein, eigentlich läuft Itami regelmäßig „Amok“, weil er tut, was ihm passt. Super Soldat!
Fassen wir das hier mal alles zusammen. „Gate“ ist als Anime sehr gelungen, bricht mit einigen Stereotypen des Genres und erzählt eine spannende und durchaus intrigierende Story. Die Charaktere finde ich sehr sympathisch, die Nebengeschichten und der Humor geben dem ganzen eine schöne Atmosphäre, und Itami ist als Hauptcharakter sehr liebenswert.
Doch die dazu parallel verlaufende Propaganda macht mir nicht nur Sorgen, sie macht mir Angst. Beachtet man die zurzeit in Japan brodelnden nationalen Gefühle und die Macht der konservativen Parteien, gepaart mit den neuen Gesetzen um die Armee, dann wird einem klar, dass ein solcher Anime offensichtlich dadurch beeinflusst ist. Die „Selbstverteidigungkräfte“ Japans werden als die Erlöser und legitimen Verteidiger ihrer Heimat betrachtet. Sie gehen moralisch und ethisch vollkommen korrekt vor, alle Bewohner der anderen Welt lieben sie, und diejenigen die sie kritisieren sind einfach gierig, niederträchtig und haben nur ihre eignen Ziele im Sinn.
Bäh! Was für ein Haufen an erbärmlicher Vaterlandsliebe. Ich kann nicht mal in Worte fassen, wie sehr ich von einer solchen Herangehensweise bezüglich einer mögliche Einmischung Japans in (nennen wir es mal) „außenpolitische“ Belange angekotzt bin. Jeder, der aus der Liebe zu Anime vergisst welche nationalistischen Scheußlichkeiten Japan heutzutage noch beherbergt, ist selber schuld. Und dieser Anime erinnert mich immer wieder daran, dass der technologische Fortschritt und die Globalisierung Japans zum Großteil den „Patriotismus“ schützen und die Isolation vorantreiben sollen.
Kommentare
Was wenn man keine großen Erinnerungen mehr an die erste Staffel hat? Nun, in dieser Staffel wird ein Drache bekämpft! Außerdem gibts Krieg. Ist zwar sehr einseitig, aber macht ja nichts. Quasi lauter gute Sachen, wenn man Action und Fanservice mag. Letzteres, weil der Protagonist mit einem Harem schöner Frauen durchs Land zieht und sich Drachen (echten, nicht der Schwiegermutter) stellt und im Krieg kämpft, ohne sich von diesem Harem zu trennen. Großes Kino. Empfehlung an alle, die damit klar kommen, dass die japanische Armee in einem japanischen Anime heroisch dargestellt wird.
ps : ein light novel titel heist sogar : The Closed Gate