SabriSonneRedakteur
#1„Tale of the Nine-Tailed“ Runde 2: wir reisen in die Vergangenheit. Was man dann leider in der Zukunft etwas vergessen hat: wie schreibe ich eine richtige Zeitreise mit Kontinuität?!
Zur Handlung
In der ersten Folge geht es nämlich schon los: Lee Yeon wird in die Vergangenheit geschickt, um einen magischen Stein zurückzuholen, nur um dann sein Ziel sofort aus den Augen zu verlieren. Gefühlt ging es zu keiner Sekunde wirklich um den Stein, dieser ist eher Mittel zum Zweck, und schon bald ist die Mission vergessen.
Stattdessen begleitet man Lee Yeon, wie er sich in Rekordzeit mit seinem Bruder Lee Rang versöhnt, mit dem er, bekanntermaßen aus Staffel 1, seit hunderten von Jahren im Streit ist. Dass Lee Yeon sicherlich eine andere emotionale Grundvoraussetzung hat und weiß, wie die Geschichte mit seinem Bruder endet, ist klar, und somit ist es nur logisch, dass er schnell das Kriegsbeil begraben möchte. Dass Lee Rang aber ohne groß nachzufragen einfach jahrhunderte an Streit vergisst, ist dann doch etwas merkwürdig. Ich muss ja zugeben, ich war von Anfang an sehr an der Rolle des kleinen Bruders interessiert, weil ich mir nicht ausmalen konnte, wie sie ihn in der Handlung platzieren wollten, im Nachhinein hätte er mir aber als Antagonist besser gefallen. Aber dazu später mehr.
Also folgen wir den wieder vereinten Brüdern, wie sie sich in Seoul der 1930er Jahre nieder lassen und allerhand damit zu tun haben, die Stadt vor übernatürlichen Lebewesen zu beschützen. Besonders brenzlig wird die Situation, als eine Truppe japanischer Totengötter in die Stadt kommt, aber naja. Mehr wird es tatsächlich nicht. Passt zum Genre, hat aber auch was von billigem Fighting-Shounen à la „Yu Yu Hakushou“.
Mit von der Partie sind außerdem bekannte Charaktere aus Staffel 1 und einige Neuzugänge. Die neuen Figuren empfand ich als ansprechend, ebenso ihre Charakter-Stories, sodass wenigstens etwas die Spannung oben hält.
„Charaktere zum Erschießen, Platz 1“: Gu Shin Joo (der Tierarzt aus Staffel 1)
Er macht tatsächlich nix außer nerven. Überhaupt nervt die Serie ziemlich. Alles ist so fürchterlich aufgesetzt, so fürchterlich künstlich. So unterhalten sich Leute nun mal nicht! Das nimmt der ganzen Serie unglaublich viel an Fahrt, sodass sich der geplante „Frische Wind“ eher wie ein offensichtlicher Tornado durch die Weltgeschichte bewegt und alles einfach nieder fegt. Ich muss wirklich sagen, das Skript und die Dialoge waren nicht gut.
Was für mich dann aber doch gut funktionierte, und was sicherlich bei vielen im Vornhinein für Kritik sorgte, war die Abwesenheit der weiblichen Hauptrolle aus Staffel 1. So schaffte man es doch tatsächlich, sie in der Handlung zu platzieren, ohne ihr einen einzigen wirklichen Auftritt zu verschaffen. Mental war sie präsent (also Lee Yeons Motivation), sehen tut man sie aber nicht. Wirklich gut geschrieben.
Doch nun komme zu meinem größten Manko: die Kontinuität bei Zeitreisen.
Wer Zeitreisen schreibt, muss unglaublich aufpassen, was in der Zukunft passiert ist, um nahtlos anzuschließen. Und „Tale of the Nine-Tailed 2“ hat hier wirklich eine große Schnitzer gemacht, die selbst dem unbedachten Zuschauer auffallen werden.
Zu Allererst fehlt das „Pay-off“ am Ende der Serie. Lee Yeon beginnt die Zeitreise nämlich nicht nur aufgrund des Steins, sondern hat eigentlich einen ganz anderen Grund, doch nach der ganzen Reise wird nicht geklärt, ob er sein Ziel überhaupt erreicht hat. Kann man jetzt natürlich auf die angekündigte Staffel 3 auslagern, nichts desto trotz fand ich es nicht gut, wenn nicht mal die Main-Storyline aufgelöst wird.
Ebenso liegt am Ende der Zeitreise die Beziehung zwischen den beiden Brüdern nicht so im Argen, damit der Anfang der 1. Staffel anschließen könnte.
Wen ich in der Vergangenheit ebenso schmerzlich vermisst hatte, war der Dämon mit den Seelenpflanzen. Inhaltlich aufbauend auf Staffel 1 hätte er im Zusammenhang mit Lee Rang zwingend vorkommen müssen, aber er tat es nicht. Für mich tatsächlich der schlimmste Fall von inhaltlichem Fehler, da somit Lee Rang (SPOILER!) eigentlich hätte sterben müssen.
Was ebenso keinen Sinn ergibt, ist die Romanze von Lee Rang. Allgemein fand ich es gut, dass die Serie im Grunde komplett auf Romanzen verzichtet, aber Lee Rang dann eine zu geben, die in der 1. Staffel überhaupt nicht erwähnt wird, ist ziemlich unclever. Ich muss zugeben, ich habe die ganze Zeit darauf gewartet, dass Sie das Zeitliche segnet, damit es mit der 1. Staffel konform geht, sodass ich die Romanze vermutlich komplett falsch wahrgenommen habe.
Denn wenn man es logisch betrachtet, hätte man die Romanze super dafür hernehmen können, um wieder an den Ausgang von Staffel 1 anschließen zu können: Sie stirbt, am besten weil Lee Yeon Schuld ist, Lee Rang tobt vor Wut und ist wieder absolut sauer auf seinen Bruder - tada! So einfach wäre es gewesen, den Kreis zu schließen.
Denn wenn man es logisch betrachtet, hätte man die Romanze super dafür hernehmen können, um wieder an den Ausgang von Staffel 1 anschließen zu können: Sie stirbt, am besten weil Lee Yeon Schuld ist, Lee Rang tobt vor Wut und ist wieder absolut sauer auf seinen Bruder - tada! So einfach wäre es gewesen, den Kreis zu schließen.
Aber diese Liste könnte ich ewig so weiter führen. Wenn man Prämissen in Staffel 1 aufbaut, die offensichtlich auch schon in der Vergangenheit existiert haben, dann müssen diese auch in der Vergangenheit vorkommen. Ebenso kann man nicht die Vergangenheit so verändern, dass sie mit den Geschehnissen der 1. Staffel nicht einhergeht. Nicht umsonst gehören Zeitreisen zu den schwierigsten Genre!
Das Einzige, was hier wirklich Sinn machte, war der Auftritt des originalen Lee Yeon, aber die Handlung schreibt ihn schnell gekonnt raus, indem man ihn „sich nicht einmischen“ lässt.
Was ich jedoch positiv fand war der Unterhaltungswert. Man bekommt viel geboten, viele unterschiedliche Ideen, wenn auch nicht wahnsinnig kreativ und neu. Wie gesagt habe ich mich mehr an das typische Fighting-Shounen erinnert gefühlt, aber man hat wenigstens Spaß. Das Tempo ist auch gut, ebenso bin ich froh, dass die Handlung nicht gekünstelt auf 16 Folgen aufgebläht wurde. Für mich ist diese Staffel jedoch deutlich schlechter als Staffel 1.
Zu den Charakteren
Und das liegt sicherlich an einer Figur: Lee Rang.
Er hat noch den Großteil der 1. Staffel getragen, weil er der einzige Charakter war, mit dem man sich wirklich identifizieren konnte. Staffel 2 macht aus ihm nur leider die „Damsel in Distress“. Lee Rang kann wirklich nichts mehr allein, und ich meine „nichts mehr“! Er muss ständig gerettet werden, bringt sich mit seiner eigenen Dummheit in Gefahr und ist der typische Side-Kick aus jedem Fighting-Shounen. Während Lee Yeon immer den Main-Boss bekommt, scheitert Lee Rang gekonnt am Side-Character. Ich fand seine Charakterentwicklung und Story von Vorne bis Hinten absolut Grütze! Nicht spannend, absolut vorhersehbar. Wo ist mein schlauer gerissener Fuchs aus Staffel 1?!
Lee Yeon ist weiterhin Lee Yeon. Genauso cool, genauso unrealistisch. Emotional fand ich ihn jedoch deutlich besser als in Staffel 1, da er einiges erlebt hat und diese Erlebnisse in sein Handeln einfließen. Ansonsten war er mir wie immer zu perfekt.
Die beiden neuen Hauptcharaktere Ryu Hong Joo und Cheon Moo Young fand ich wirklich sehr gut. Gerade Darstellerin Kim So Yeon fand ich als Mountain-Godess wirklich hervorragend gecastet. Sie portraitiert Hong Joo als unabhängige und starke Frau, ohne dabei (wie bei aktuellen amerikanischen Produktionen!) zu übertrieben zu schreiben. Sie darf auch Schwächen haben, ist alles andere als perfekt, und zeigt auch Emotionen. Gerade im Hinblick auf die verhunzten „starken Frauen“ der aktuellen Filmproduktionen, in denen „stark“ mit „perfekt“ gleichgesetzt wird, wirklich wieder einmal schön anzusehen.
Auch Moo Young war ein guter Charakter, dessen Story zwar vorherzusehen war, aber insgesamt gut passte. Damit wenigstens etwas Sehenswertes.
Warum wir Tierarzt Gu Shin Joo und Schauspielerin Kim Yong Ji in einer anderen Rolle (in Staffel 1 der Side-Kick von Lee Rang) brauchen, kann ich bis heute nicht sagen. Die beiden hätte man lieber weglassen sollen. Taluipa und ihren Mann fand ich in der 1. Staffel schon nervig, und tragen auch in der 2. nicht unbedingt viel bei.
Auch die Bösewichte machen keinen wirklichen Eindruck, wirken sie doch mehr wie eine Truppe aus einem mittelprächtigen Fighting-Shounen. Sie definieren sich auch nur über ihre Kampfkraft und ihre gar so böse Haltung, somit werden sie also keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Jang Yeo Hee als Love-Interest für Lee Rang fand ich gut, da sie in einem guten Kontrast zu Lee Rangs Charakter steht, dennoch fand ich ihre Romanze sehr cringy. Liegt sicherlich auch viel am Dialog, bei dem man oft das Gefühl hat, die beiden reden an einander vorbei oder haben schon vergessen, worüber sie sich am Vortag unterhalten haben. Viele Elemente ihrer Handlungen waren außerdem meilenweit gegen den Wind vorhersehbar, sodass diese emotional nicht so einschlugen, wie sie sollten.
Fazit
Ich war schon nicht der größte Fan von Staffel 1, aber diese war eindeutig besser.
Bei Staffel 2 hat man eher das Gefühl, man versucht auf den Erfolg von Staffel 1 aufzuspringen, scheitert aber bereits am Anlauf, bevor man überhaupt hochgesprungen ist. Viel zu viele Kontinuitätsfehler mit Staffel 1, dazu viele zu plakative oder sinnlose Charaktere. Die Bromance wirkt zu gewollt geschrieben, wenn auch die schauspielerische Leistung und Chemie wirklich stimmten.
Die Serie rettet sich im Endeffekt vermutlich auch viel über das unverbrauchte Setting in den 1930er Jahren. Mal schauen, was Staffel 3 machen wird.
Beitrag wurde zuletzt am 16.07.2023 22:11 geändert.
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